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Michael Vlach, Dozent an The Master`s Seminary, legt in seinem Buch „Dispensationalismus – Fakten und Mythen“ die grundlegende Lehre des Dispensationalismus dar und widerlegt Mythen rund um dieses Thema. Matthias Fröhlich, Lehrer für Heilsgeschichte und Theologie am EBTC, hat einige Fragen zu diesem Thema beantwortet.
Interview zum Dispensationalismus
Matthias, kannst du uns kurz erklären, was der Dispensationalismus ist?
Man könnte meinen, Dispensationalismus sei ein Zungenbrecher. Aber das ist er nicht. Der Dispensationalismus ist ein theologisches System, das sich mit der Heilsgeschichte befasst. Das Bestreben ist, zu sehen, wie Gott den Ratschluss, den er in der vergangenen Ewigkeit fasste und der bis in die zukünftige Ewigkeit reicht, in der Gegenwart umsetzt. Dieses System wirkt sich in der Theologie auf die Lehre über die Gemeinde (Ekklesiologie) und die Lehre über die zukünftigen Dinge (Eschatologie) aus.
Drei Dinge charakterisieren den Dispensationalismus. Dieses System hält erstens an der historisch-grammatikalischen Hermeneutik fest, und das insbesondere auch in prophetischen Bibeltexten. Zweitens: Der Dispensationalismus unterscheidet zwischen Israel und der Gemeinde und lehnt die Sichtweise ab, nach der die Gemeinde Israel ersetzt habe und alle ausstehenden physischen und nationalen Verheißungen auf geistliche Weise in der Gemeinde in Erfüllung gegangen seien. Drittens lehrt der Dispensationalismus eine zukünftige Errettung und Wiederherstellung Israels, die in einem weltweiten tausendjährigen Reich gipfelt, in dem Christus auf dem Thron Davids über die ganze Welt regieren wird.
Warum veröffentlichen wir ein Buch über den Dispensationalismus?
Das Ringen um präzise Aussagen in Bezug auf Hermeneutik, Verheißungen des Alten und Neuen Testaments und die Frage nach einer Wiederherstellung Israels und dem Tausendjährigen Reich hält die Christen von heute in Atem, und das ist gut so. Es liegt uns ferne, mit diesem Buch ein Waffenarsenal aufzurüsten gegen andere Sichtweisen; vielmehr möchten wir Mythen, Vorurteilen und Missverständnissen gegenüber dem Dispensationalismus begegnen. Der geläufigste Mythos sind die sogenannten „Heilszeiten“, in denen Gott angeblich auf unterschiedliche Weise gewirkt habe.
Ein weiterer Grund für dieses Buch ist die Tatsache, dass die Heilsgeschichte in den letzten Jahrzehnten leider vernachlässigt wurde. Die meisten deutschsprachigen Christen wachsen zwar mit dem heilsgeschichtlichen Verständnis auf, dass Israel und die Gemeinde zu unterscheiden sind, und dass Israel eine zukünftige Wiederherstellung erfahren wird. Aber diese Sichtweise ist nicht auf solide Bibelkenntnis gegründet und wenn es darauf ankommt, diese Sichtweise mit der Schrift zu verteidigen, sind viele Christen dazu nicht in der Lage.
Gibt es unterschiedliche Sichtweisen zu diesem Thema?
Ja. Die konkurrierende Sichtweise auf diesem Gebiet wird meist als „Ersatztheologie“ bezeichnet. Die Ersatztheologie vertritt die Auffassung, die Gemeinde habe Israel ersetzt oder als Volk Gottes abgelöst. Die Ersatztheologie ist weitestgehend in der Bundestheologie beheimatet, welche lehrt, dass Gott vor dem Sündenfall einen Bund der Werke mit Adam als dem Vertreter der ganzen Menschheit geschlossen hat. Als Antwort auf Adams Ungehorsam schloss Gott durch den zweiten Adam, Jesus Christus, einen neuen Bund der Gnade. Diesen beiden Bündnissen geht der Bund der Errettung zuvor, in dem Gott in der vergangenen Ewigkeit mit sich selbst einen Bund schloss.
Wie sollten wir mit diesen Sichtweisen umgehen?
Leider stelle ich immer wieder fest, dass Christen nicht zwischen „Freund“ und „Feind“ unterscheiden können: Andere Gläubige, die an derselben Front für das Evangelium kämpfen, werden mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln beschossen und angegriffen, als wären sie Feinde.
Wenn man sich im Krieg befindet, ist es ungeheuer wichtig, sich bewusst zu sein, welche Uniform man trägt. Wenn jemand die eigenen Kameraden als Feind einstuft und auf sie schießt, dann ist das nicht nur grob fahrlässig, sondern er kommt dafür vor das Militärgericht. Leider sind sich viele Zeitgenossen nicht bewusst, dass sie für jedes Wort Rechenschaft abgeben müssen vor dem Richterstuhl Christi.
Das Neue Testament macht klar und unmissverständlich deutlich, wen wir als „Freund“ und „Feind“ einstufen sollen. „Feinde“ sind Irrlehrer. „Feinde“ des Kreuzes sind Menschen, die nicht gerettet sind, und die ein falsches Evangelium verkündigen!
Soldaten sind der Flagge verpflichtet, deren Uniform sie tragen. Als Sklaven Christi sind wir nicht einem theologischen System verpflichtet, sondern Christus. Wir müssen uns immer wieder ins Bewusstsein rufen, dass wir nicht Botschafter eines theologischen Systems sind, sondern Botschafter Christi.
Vielen Dank für das Gespräch.
Rezension
Henrik Mohn, Lehrer und Schriftleiter einer christlich-pädagogoischen Zeitschrift, hat auf seinem Blog lesendglauben.de das Buch „Dispensationalismus – Mythen und Fakten“ rezensiert. Sein Fazit:
Das Buch ist eine lohnenswerte Anschaffung, da es die fachliche Diskussion bereichert und losgelöst von theologischer Emotionalität sachliche Argumentationen bietet. (…) Insgesamt ist das Buch die ideale Lektüre sowohl für Kenner und Befürworter, um sachliche Argumente für ihre Sichtweise zu erhalten, als auch für Kritiker, um von den zahlreichen Mythen und Vorbehalten Abstand zu nehmen.
– Henrik Mohn
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