Wie werde ich meinen Ärger und Zorn los?
Zorn ist ein weitverbreitetes und ernstes Problem – selbst unter bekennenden Christen. Menschen drücken ihren Zorn auf unterschiedliche Weise aus und jeder Christ hat auf irgendeine Weise damit zu kämpfen. Manch einer fühlt sich machtlos, wenn der Zorn in ihm aufsteigt. Andere rechtfertigen sogar ihr zorniges Verhalten. Wie kann ein Mensch, der auf sündhafte Weise zornig ist, zu einem Menschen werden, der voller Gnade ist? Wie werde ich meinen Ärger und Zorn los?
Jim Newheiser hat dieses Problem biblisch untersucht und gibt uns hier fünf wichtige biblische Wahrheiten, die ein zorniger Mensch bedenken muss:
Anstatt einfach bis zehn oder bis tausend zu zählen, muss ein zorniger Mensch innehalten und seinen Sinn mit biblischer Wahrheit füllen, damit er den Zorn in seinem Herzen überwinden und ein Mensch der Gnade werden kann. Wenn der Zorn in uns emporsteigt, kommen uns diese Wahrheiten nicht automatisch in den Sinn. Vielmehr ist es so, dass der zornige Mensch diese Wahrheiten unterdrückt, damit er seine Wut weiter füttern, rechtfertigen und zum Ausdruck bringen kann.
Er muss lernen, im entscheidenden Augenblick der Versuchung seinen Sinn auf das, was droben ist, zu richten, weil er mit Christus vereint ist (Kol 3,1–3). Ich gebe einem Ratsuchenden oft eine praktische Hausaufgabe, wobei er die folgenden fünf Wahrheiten auf eine Karteikarte schreiben soll, um sie dann jederzeit bei sich zu haben, damit er sich diese Wahrheiten und die dazugehörigen Schriftstellen vor Augen stellen kann, sobald die Versuchung einsetzt. Diese biblischen Wahrheiten wenden unser Herz weg vom teuflischen Zorn und hin zu christlicher Gnade.
1. Ich verlange so sehr nach etwas, dass es zum Götzendienst wird (Jak 4,1–4).
Wir werden zornig, wenn unser Verlangen nicht befriedigt wird. Was brauchst du, um glücklich zu sein? Musst du von anderen respektiert und geschätzt werden? Geht es dir um Bequemlichkeit? Erfolg? Bestehst du darauf, ein stressfreies Leben zu haben? Wir müssen unser Verlangen an Gott abgeben und danach trachten, unsere letztendliche Erfüllung in ihm zu finden (Jes 55,1–2; Ps 34,9). Wenn wir bereit sind zu sündigen, um das zu bekommen, was wir wollen, oder wenn wir bereit sind auf sündige Weise zornig zu sein, weil unser Verlangen nicht befriedigt wurde, dann haben wir dieses Verlangen zu einem Götzen gemacht.
2. Ich bin nicht Gott/Richter (1Mo 50,19; Röm 12,17–21).
Wenn uns andere Unrecht tun, spüren wir, dass ein gerechtes Maß aus dem Gleichgewicht geraten ist und wir wollen das umgehend korrigieren. Der zornige Mensch denkt sich: „Du hast mir Unrecht getan und verdienst somit, bestraft zu werden.“ Die zornige Person kann die schuldige Partei durch gehässige Worte, Gewaltanwendung, Verleumdung, Diebstahl oder auch auf subtilere Weise bestrafen, indem sie ihr einfach die kalte Schulter zeigt und sich zurückzieht.
All diese Ausdrücke des Zorns sind auf sündige Weise richtend. Jakobus erinnert uns daran, dass im Gegensatz zu dem, was unsere sündigen Herzen vielleicht denken mögen, der Zorn des Menschen Gottes Gerechtigkeit nicht vollbringt (Jak 1,20). Unsere rachsüchtigen Taten führen nicht zur Gerechtigkeit, sondern sie machen die Sünde nur noch schlimmer. „Vergeltet niemand Böses mit Bösem … Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse durch das Gute“ (Röm 12,17.21). Noch schlimmer aber wiegt die Tatsache, dass wir uns durch unseren sündigen Ausdruck des Zorns das Amt eines Richters anmaßen, das in Wahrheit nur Gott zusteht.
Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn [Gottes]; denn es steht geschrieben: »Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr« (Röm 12,19)
Nachdem ihr Vater Jakob verstorben war, fürchten sich die Brüder Josephs vor seiner Rache für all das Böse, das sie ihm Jahre zuvor aus Eifersucht angetan hatten, als sie ihn in einem Wasserloch zum Sterben zurückließen und ihn dann als Sklaven verkauften (1Mo 37,18– 28; 50,15). Diese schuldigen Männer bitten Joseph um Vergebung und behaupten sogar, dass ihr Vater Jakob ihn angewiesen habe, ihnen Gnade zu erweisen (1Mo 50,16–18). Joseph weint und sagt: „Fürchtet euch nicht! Bin ich denn an Gottes Stelle?“ (1Mo 50,17b.19). Anders ausgedrückt sagt Joseph, dass er sich weigert Gott zu spielen, obwohl er das Recht und die Macht hat, sie zu bestrafen, indem er seine eigenwilligen Brüder verurteilt. Auch wir können getrost sein, dass Gott eben jenen Gerechtigkeit widerfahren lässt, die uns Unrecht getan haben, sollte das menschliche Gerechtigkeitssystem versagen. Solange wir ihm vertrauen, haben wir es nicht nötig, uns zu rächen oder Gott zu spielen.
3. Gott ist mir gegenüber – in Christus – sehr gnädig gewesen (Eph 4,31–32; Mt 18,21–35).
Wenn uns bewusst wird, dass wir „der größte Sünder“ unter allen Sündern sind (1Tim 1,15) und dass uns eine übergroße Schuld erlassen wurde, dann wird unser Herz dazu bewegt werden, jenen Gnade zu erweisen, die uns Unrecht getan haben. Der Herr Jesus erzählt das Gleichnis vom Schalksknecht, dem eine große Schuldenlast vergeben wurde, die sich in heutiges Geld umgerechnet auf mehrere Milliarden beläuft. Doch dann rückt er seinem Mitknecht auf den Leib, der ihm zwar auf heute umgerechnet einige tausend Euro schuldet, aber das ist nur ein Bruchteil von dem, was dem ersten Knecht vergeben worden war. Der Knecht, dem sein Herr diese übergroße Schuld erlassen hatte, ergreift ihn, würgt ihn und spricht: „Bezahle mir, was du schuldig bist!“ und lässt seinen Mitknecht ins Gefängnis werfen, indem er dessen Flehen um Barmherzigkeit ignoriert (Mt 18,28–30).
Dann erfährt sein Herr, was vorgefallen war.
„Da ließ sein Herr ihn kommen und sprach zu ihm: Du böser Knecht! Jene ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich batest; solltest denn nicht auch du dich über deinen Mitknecht erbarmen, wie ich mich über dich erbarmt habe? Und voll Zorn übergab ihn sein Herr den Folterknechten, bis er alles bezahlt hätte, was er ihm schuldig war“ (Mt 18,31–34).
Daraufhin warnt der Herr Jesus uns:
„So wird auch mein himmlischer Vater euch behandeln, wenn ihr nicht jeder seinem Bruder von Herzen seine Verfehlungen vergebt“ (Mt 18,35).
Hier sehen wir, dass das Evangelium der Schlüssel zur Überwindung des Zorns ist. Wenn sich in meinem Herzen alles um die hundert Denare dreht, die mein Bruder mir schuldig ist, dann werde ich – so wie der böse Knecht – zornig und will mich rächen. Wenn ich mir hingegen die Gnade Gottes vor Augen halte, die er mir erwiesen hat und ich über den hohen Preis nachsinne (2Kor 9,8), mit dem der Herr Jesus für meine unendliche Schuld am Kreuz bezahlt hat, dann kann ich nicht mehr auf meinen Bruder oder meine Schwester zornig sein. Derjenige, der mir vergeben hat, fordert mich auf, gegenüber anderen um seinetwillen gnädig zu sein, so wie er mir gnädig gewesen ist.
Weltliche Techniken zur Aggressionsbewältigung beinhalten, dass das Feuer des Zorns unterdrückt und umgeleitet wird. Doch das Evangelium löscht das Feuer des Zorns vollständig und ersetzt es mit dem lebendigen Wasser der Gnade.
Auch ist es nach meiner Auffassung bezeichnend, dass es sich bei der Schuld des zweiten Knechts keinesfalls um einen geringfügigen Betrag handelt. Den meisten von uns würde es schon nahegehen, wenn wir einige Tausende von Euro verlieren würden. Das veranschaulicht, dass uns auf dieser gefallenen Welt im Laufe eines Lebens unsere Mitsünder auf nicht unerhebliche Weise verletzen können. Ein Ehepartner kann untreu sein. Ein Kind kann auf den falschen Weg geraten und großen Kummer und große Kosten verursachen. Ein Freund kann unser Vertrauen missbrauchen. Ein Geschäftspartner kann einen beträchtlichen Geldbetrag unterschlagen. Doch nichts davon kann mit der Schuld verglichen werden, die Gott uns in Christus vergeben hat. Das Evangelium befähigt Gläubige, den Zorn und die Bitterkeit zu überwinden, Vergebung zuzusprechen und Gnade zu erweisen.
Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan samt aller Bosheit. Seid aber gegeneinander freundlich und barmherzig und vergebt einander, gleichwie auch Gott euch vergeben hat in Christus (Eph 4,31–32).
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Jim Newheiser
Wie werde ich meinen Ärger und Zorn los? Wie kann ein Mensch, der auf sündhafte Weise zornig ist, zu einem Menschen werden, der voller Gnade ist?
4. Gott hat alles unter seiner Kontrolle und tut uns Gutes (1Mo 50,20; Röm 8,28).
Nachdem Joseph sich weigert, seine Brüder zu richten, fügt er hinzu:
„Ihr gedachtet mir zwar Böses zu tun; aber Gott gedachte es gut zu machen, um es so hinauszuführen, wie es jetzt zutage liegt, um ein zahlreiches Volk am Leben zu erhalten“ (1Mo 50,20).
Joseph war in der Lage, seinen Brüdern mit Barmherzigkeit zu begegnen, weil er eine gesunde Theologie besaß. Er glaubte an einen Gott, der souverän über alles ist, selbst über das Böse, das uns von anderen angetan wird. Darüber hinaus glaubte Joseph, dass Gott durch diese Ereignisse für sein geliebtes Volk Gutes bewirkt. Wie wir gesehen haben, wollen zornige Menschen die Kontrolle behalten und werden ungehalten, wenn nicht alles nach ihrer Pfeife tanzt. Eine zornige Person muss sich jedoch Gott unterordnen und darauf vertrauen, dass er seine Souveränität für seine herrlichen Zwecke und für unser Wohl geltend macht. „Der Herr hat seinen Thron im Himmel gegründet, und seine Königsherrschaft regiert über alles“ (Ps 103,19).
Wenn dich andere im Stich lassen und die Umstände zu deinen Ungunsten zu sein scheinen, ist Gott am Wirken. Er gebraucht Anfechtungen, um Reife und Christusähnlichkeit in den Seinen zu bewirken (Jak 1,2–4; 1Pet 1,6–7).
Wir können auch darauf vertrauen, dass eben der, der über alles souverän ist und uns vollkommen kennt, es nicht zulassen wird, dass wir über das hinaus versucht werden, was wir ertragen können (1Kor 10,13). Er wird einen Ausweg schaffen, damit du auf jede Prüfung nicht mit sündigem Zorn, sondern mit Gnade und Hoffnung reagieren kannst.
5. Halte dir vor Augen, wer du bist – eine neue Kreatur in Christus (Römer 6,11; 2Kor 5,17).
Zornige Menschen fühlen sich oft in ihren von Wut gekennzeichneten Verhaltensmustern gefangen und fühlen sich hilflos, Veränderung zu erfahren. Während Ungläubige sich in der Knechtschaft der Sünde befinden, sind jene, die mit Christus vereint sind, von der Knechtschaft der Sünde befreit worden. Wir sind der Sünde ein für alle Mal gestorben und sind nun mit Christus in der Neuheit des Lebens vereint (Röm 6,4–6). Wir sind nun neue Kreaturen in Christus (2Kor 5,17), werden nicht mehr vom Fleisch beherrscht, sondern vom Heiligen Geist erfüllt, der seine wunderbare Frucht in unserem Leben hervorbringt (Gal 5,13–23).
Derjenige, dem der Kragen platzt, fällt in die Verhaltensmuster seines alten, vorchristlichen Lebens zurück.
Wenn er sich einredet, er könne seinen Zorn nicht in den Griff bekommen, lügt er sich selbst in die Tasche und leugnet seinen neuen Status in Christus. Wie wir über uns selbst denken, bestimmt, wie wir handeln. Der erste Befehl des Paulus in seinem Brief an die Römer ist: „Haltet euch selbst dafür, dass ihr für die Sünde tot seid, aber für Gott lebt in Christus Jesus, unserem Herrn“ (Röm 6,11). Die Person, die auf sündige Weise erzürnt, hat ihre neue Evangeliums-Identität in Christus aus den Augen verloren.
Wie werde ich meinen Ärger und Zorn los? Wenn wir versucht sind, auf Menschen oder Umstände mit sündigem Zorn zu reagieren, dann ist es die Erneuerung unseres Sinnes anhand dieser biblischen Wahrheiten, die uns befähigen wird, aus der Gnade heraus und in Demut zu leben.