Was hat Theologie mit meinem persönlichen Leben zu tun?

Das ist das Endziel der Systematischen Theologie, dass der Gläubige immer mehr in Übereinstimmung mit Gottes Willen denkt und handelt und so im Glauben heranreift.
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Was hat Theologie mit meinem persönlichen Leben zu tun?
Lesezeit: 7 Minuten

Gottesfurcht, Christusähnlichkeit und Geistlichkeit sind alles Begriffe, die einen Christen beschreiben, der mehr und mehr Gott ähnlich wird. Die wirkmächtigste Art und Weise zum Herbeiführen dieser Veränderung ist, das Wort Gottes reichlich in sich wohnen zu lassen (Kol 3,16). Wenn man sich die Schrift rückhaltlos zu eigen macht, bringt sie kraftvoll den Willen Gottes im Leben des Gläubigen zur Auswirkung (1Thess 2,13). Dieser Prozess kann folgendermaßen definiert werden:

Geistlichkeit bedeutet, so zu wachsen, dass man wie Gott wird in Charakter und Verhalten. Das geschieht, wenn man sich persönlich dem umgestaltenden Werk des Wortes Gottes und des Geistes Gottes unterwirft.

Vertrautheit

Es gibt keine bessere Art, sein Denken mit der Schrift zu sättigen, als sich auslegende Predigten anzuhören und Systematische Theologie zu studieren – beides fördert die geistliche Reife. Der Verfasser des Hebräerbriefes fand es gut, dass die jüdischen Christen vertrauten wie Kinder, die Milch benötigen (Hebr 5,12–13), er fand es aber nicht gut, dass sie nicht zur Reife gelangt waren und noch keine feste Speise vertrugen. Darum ermahnte er sie:

»Deshalb, das Wort von dem Anfang des Christus verlassend, lasst uns fortfahren zum vollen Wuchs« (Hebr 6,1).

Paulus tadelte an den Korinthern den gleichen Mangel (1Kor 3,1–3).

Vertrautheit besteht in der Innigkeit unserer Beziehung zu dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Reife ist das Ergebnis dieser Vertraulichkeit, und diese äußert sich in der immer klarer hervortretenden Gegenwart Gottes im Leben des Christen (Joh 15,1–11). Wie ein Baby oder Kleinkind Vertrautheit mit den Eltern kennt, kann der Neubekehrte, obwohl er noch unreif ist, innigen Umgang mit dem Heiland genießen. Diese Vertrautheit fördert den Reifeprozess, wodurch ein Kind wächst und den Eltern ähnlich wird.
Vertraulichkeit ohne Reife macht kindisch; nur wer reif ist, handelt und reagiert, wie es mündigen Menschen ansteht. Reife ohne Vertrautheit wiederum resultiert in einem faden und freudlosen Christentum, das leicht in Gesetzlichkeit abgleitet oder gar schwere Sünden nach sich zieht. Die Schrift jedoch lehrt, dass dann, wenn Vertrautheit und Reife sich gegenseitig ergänzen und stärken, ein dynamisches christliches Leben die Folge ist. Echte Geistlichkeit muss also sowohl von Vertrautheit als auch von Reife gekennzeichnet sein.

Reife

Die Schrift ist für das Wachstum in geistlicher Reife unerlässlich. Jesus, Paulus und Jakobus vermittelten Gottes klare und dringliche Forderung, dass der Christ geistlich wachsen muss. Dabei benutzten sie Schlüsselbegriffe, die uns sagen, was geistliche Reife ist. Wir sollen vollkommen sein (Mt 5,48), sollen aufgebaut werden zu reifen Erwachsenen (Eph 4,11–13), sollen vollkommen in Christus dargestellt werden (Kol 1,28), sollen vollkommen und zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet sein (2Tim 3,16–17) und sollen in nichts Mangel haben (Jak 1,2–4).

Am schnellsten verstehen wir das Wesen der Reife, wenn wir in 1. Mose von Abels, Noahs, Abrahams, Saras, Isaaks, Jakobs und Josephs Gehorsam lesen. Aber man sollte dabei nicht stehenbleiben. Fünfundsechzig weitere Bücher der Bibel enthalten mitreißende Berichte von Menschen, die zur geistlichen Reife gelangten. An diesen Vorbildern des Glaubens zeigt Gott sein Wohlgefallen an einem Leben des vertrauensvollen, innigen Umgangs mit ihm.

Hebräer 11 gibt einen geschichtlichen Abriss von Menschen, die durch ihren Glauben geistlich wuchsen. Beachten wir aber, dass auf Hebräer 11 unmittelbar eine Ermahnung folgt, die bei den Briefempfängern die gleiche Art von Reife einfordert (Hebr 12,1–3). Auf die Aufforderung folgt die Warnung, dass der Vater diejenigen Kinder züchtigt, die in Unreife verharren (Hebr 12,4–11). Die unvollkommene irdische Elternschaft ist lediglich ein Abglanz von Gottes Erziehung aller, die durch Glauben an den Herrn Jesus Christus in Gottes Familie hineingeboren wurden (Joh 1,12–13).
Epaphras betete darum, dass die Christen in Kolossä vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes dastehen sollten (Kol 4,12). Möge Gott uns in ähnlicher Weise diese biblischen Wahrheiten über geistliche Reife ans Herz legen, damit wir ihn als treue Verwalter besser anbeten und ihm williger gehorchen, um seiner großen Herrlichkeit willen.

Heiligkeit

Die Christen wurden errettet, um heilig zu sein und ein heiliges Leben zu führen (1Petr 1,14–16). Was bedeutet es, heilig zu sein? Sowohl die hebräischen als auch die griechischen Wörter für »heilig sein« (die etwa zweitausendmal in der Schrift vorkommen) bedeuten grundsätzlich »für etwas Besonderes beiseitegesetzt sein«. So ist Gott heilig, weil er sich durch die Tatsache seiner Gottheit und Sündlosigkeit von der Schöpfung, der Menschheit und allen heidnischen Göttern abhebt. Deshalb sprechen die Engel vor Gott: »Heilig, heilig, heilig« (Jes 6,3; Offb 4,8) und deshalb nennt die Schrift ihn heilig (Ps 99,9; Jes 43,15).
So bekommt der Gedanke der Heiligkeit also eine geistliche Bedeutung für das Volk Gottes, gegründet auf den heiligen Charakter Gottes. Auf dem Stirnblech des Hohenpriesters Gottes war »Heilig dem Herrn« eingraviert (2Mo 39,30). Der Hohepriester war von Gott beiseitegesetzt, um für ein sündiges Volk gegenüber einem heiligen Gott um Vergebung ihrer Übertretungen Fürbitte zu tun.
Heiligkeit verkörpert das innerste Wesen des Christentums. Der heilige Retter hat Sünder errettet, damit diese ein heiliges Volk würden (1Petr 2,4–10). Deshalb ist eine der häufigsten biblischen Bezeichnungen für einen Gläubigen Heiliger, was ganz einfach »errettet und beiseitegesetzt« bedeutet (Röm 1,7; 1Kor 1,2).
Wenn man bedenkt, dass ein heiliger Gott errettet, dann ist es keine Überraschung zu erfahren, dass er jedem Gläubigen bei dessen Errettung den Heiligen Geist schenkt. Ein hauptsächlicher Zweck dieser Gabe ist es, die Gläubigen mit der Kraft auszustatten, ein heiliges Leben zu führen (1Thess 4,7–8; 1Joh 3,24; 4,13).

Deswegen möchte Gott, dass die Christen Gottes Heiligkeit teilen (Hebr 12,10) und sich als Sklaven der Gerechtigkeit hingeben, was zu Heiligkeit führt (Röm 6,19):

»Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes« (2Kor 7,1).

Deshalb schreibt der Autor des Hebräerbriefs:

»Jagt dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne die niemand den Herrn schauen wird« (Hebr 12,14).

Heiligkeit ist ein Herzstück des Christenlebens. Geistliche Reife entspringt Heiligkeit. Der schottische Theologe John Brown verdichtet das Thema der Heiligkeit zu einer Definition, die wir alle verstehen und anwenden können:

Heiligkeit besteht nicht in mystischen Spekulationen, inbrünstigen Schwärmereien oder nichtgebotenen Selbstkasteiungen; sie besteht darin, so zu denken, wie Gott denkt und das zu wollen, was Gott will. Gottes Denken und Wollen sollten aus seinem Wort erkannt werden; und insoweit ich Gottes Wort wirklich verstehe und glaube, wird Gottes Denken mein Denken, Gottes Wille wird mein Wille, und ent- sprechend dem Maß meines Glaubens werde ich heilig.

Heiligung

Eng verbunden mit Heiligkeit ist Heiligung. An vielen Stellen im Neuen Testament bedeutet dieses Wort »Errettung« (Apg 20,32; 1Kor 1,2). Heiligung, oder »beiseite gesetzt werden in der Errettung«, sollte dazu führen, dass die Gläubigen sich auch für eine christliche Lebensführung beiseitesetzen.
Die Heiligung beginnt mit dem Akt der Errettung, sie ist ein fortwährender Prozess, bei dem die Heiligkeit zunimmt und die Sündhaftigkeit abnimmt. Sie ist ein Ausdruck von Gottes Willen, und sie verwirklicht den Zweck unserer Berufung zum Heil (1Thess 4,4–7). Heiligung schließt unsere Verantwortung ein, am Fortführen dessen teilzunehmen, was Gottes Geist bei der Errettung begonnen hatte (2Tim 2,21; Offb 22,11).
Der Christ wird beständig ermahnt, dem nachzujagen, was ihm Gott in der Errettung verheißen und mitgeteilt hat. Dem Gläubigen wird auch verheißen, dass Gott das, was jetzt noch nicht vollständig ist, in der Herrlichkeit vollenden wird (Phil 2,12–13; 1Thess 5,23). Diese Passagen drücken eines der großen Paradoxa der Schrift aus: Die Christen sollen das werden, was sie bereits sind und eines Tages sein werden. Diese Gewissheit im Blick auf die Zukunft des Christen wird in Texten wie den folgenden erfasst:

»Denn jeder, der irgend den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden« (Röm 10,13).

»Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft« (1Kor 1,18).

»Und dieses noch, da wir die Zeit erkennen, dass die Stunde schon da ist, dass wir aus dem Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als damals, als wir gläubig wurden« (Röm 13,11).

Heiligung bezeichnet den geistlichen Prozess, der verglichen wird mit einem menschlichen Körper, der zum Erwachsenenalter heranreift (Hebr 5,11–14), oder mit einem Baum, der Frucht trägt (Ps 1,3).

Wachstum

Wachstum ist nicht immer einfach oder gleichmäßig, aber es sollte die grundsätzliche Richtung im Leben des Christen ausmachen. Bei dieser lebenslangen Aufgabe begegnen dem Gläubigen verschiedene Hindernisse. Christen müssen sie kennen und auf der Hut sein, um sie zu vermeiden bzw. sie zu korrigieren, wenn sie Teil ihres Denkens zu werden drohen:

  1. Man denkt vielleicht höher von sich selbst, als man sollte, und strebt der Heiligkeit nicht nach, wie man sollte (Röm 12,3).
  2. Man denkt in anmaßender Weise, es genüge errettet zu sein, die Heiligung sei keine Pflicht (Röm 6,1–2).
  3. Man ist vielleicht über das Wesen christlicher Lebensführung falsch belehrt und ist gleichgültig gegenüber der Tatsache, dass Christus Herr ist (1Petr 3,15).
  4. Man hat vielleicht nicht den Eifer oder die Energie, um das Streben nach Heiligkeit zu einer Priorität zu machen (2Kor 7,1).
  5. Man denkt, man sei errettet (obwohl es nicht so ist), und versucht dann, ein heiliges Leben in der Kraft des Fleisches zu führen (Mt 13,5–7.20–22).

Die Natur lehrt, dass Wachstum normal ist; ausbleibendes Wachstum ist ein Alarmzeichen; wenn ein Baum nicht wächst, stimmt etwas nicht. Die Bibel sagt das auch vom geistlichen Leben. Die Apostelgeschichte berichtet häufig, dass die Gemeinde wuchs und sich ausbreitete (siehe 2,41; 4,4; 5,14; 6,7; 9,31.35.42; 11,21; 14,1.21; 16,5; 17,12). Gott erwartet auch persönliches Wachstum im Leben eines Christen. Die Ermahnungen der Schrift müssen sehr ernst genommen werden (1Petr 2,2; 2Petr 3,18).
Dieses Wachstum wird hauptsächlich vom Wort Gottes (Joh 17,17; 1 Petr 2,2) und dem Geist Gottes (Eph 5,15–21) bewirkt. Wenn Wachstum geschieht, ist rasch Gott als Ursache zu erkennen (1Kor 3,6–7; Kol 2,19). Der Heilige Geist spielt eine herausragende Rolle, denn er vermittelt dem wahren Gläubigen die Gewissheit seiner Errettung. Diese Zusicherung und Gewissheit ist direkt mit Wachstum ver- bunden (Röm 8,16–17; 1Joh 3,24).

Lebenszeichen

Der Gläubige war vorher geistlich tot und ist jetzt lebendig gemacht für Gott; er kann deshalb seine Lebenszeichen prüfen, um sich zu vergewissern, dass er in der Tat lebendig ist, weil er in den Werken wandelt, die Gott bereitet hat (Eph 2,1–10). Es folgen einige der wichtigsten Lebenszeichen eines Christen, anhand derer man seinen Gesundheitszustand überprüfen kann:

  1. Geistliche Frucht (Joh 15,8).
  2. Liebe zu Gottes Volk (Joh 13,35).
  3. Ein Anliegen für persönliche Heiligung (1Petr 1,13–21).
  4. Liebe zu Gottes Wort (1Petr 2,2–3).
  5. Der Wunsch, Gott zu gehorchen (Joh 14,15.21.23).
  6. Das Empfinden der Vertrautheit mit Gott (Röm 8,14–17).
  7. Ausharren (Phil 1,27–28).
  8. Gemeinschaft mit dem Volk Gottes (Hebr 10,24–25).
  9. Das Verlangen, dass Gott verherrlicht werde (Mt 5,13–16).
  10. Zeugnis von der Realität Christi im persönlichen Leben (1Petr 3,15).

Wenn der Christ die geistlichen Lebenszeichen überprüft, drängt es ihn, nicht stehenzubleiben, sondern vom Stand des Kindes zum Stand des mündigen Mannes heranzuwachsen. Geschieht dieses Wachstum, dieser Reifeprozess, beim Einzelnen, dann trägt das auch zum Aufbau und Wachstum des Leibes Christi in seiner Gesamtheit bei (Eph 4,14–16). Geistlichkeit bedarf des Geistes Gottes, der Gottes Wort nimmt und Gottes Volk reifen lässt durch den Dienst der Knechte Gottes an den einzelnen Gläubigen, was letztlich zum Wachstum des ganzen Leibes Christi führt. Das ist das Endziel der Systematischen Theologie, dass der Gläubige immer mehr in Übereinstimmung mit Gottes Willen denkt und handelt und so im Glauben heranreift.

 

Dieser Artikel ist ein Auszug aus „Biblische Lehre – Eine systematische Zusammenfassung biblischer Wahrheit“. (Kapitel I – 13: Wie verhält sich die Systematische Theologie zu jemandes persönlichem Leben?)

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