Wenn man den örtlichen Weihnachtsmarkt besucht, sich ins Einkaufszentrum wagt oder abends einfach nur durch seine Nachbarschaft fährt, kann man unschwer erkennen, dass unsere Kultur sich gerne auf die Adventszeit einlässt und für eine Weihnachtsstimmung empfänglich ist.
Verstehe mich bitte nicht falsch. Diese ganze Aufregung und der ganze Weihnachtstrubel haben durchaus ihren Reiz. Ein gemütlicher Schaufensterbummel entlang festlich geschmückter Ladenzeilen mit einer heißen Tasse Kaffee in der Hand oder eine nächtliche Autofahrt durch die Nachbarschaft, um mir die Weihnachtslichter anzuschauen, gehören zu meinen Lieblingsbeschäftigungen in der Weihnachtszeit. Wenn ich dann noch die Freude hinzunehme, dass ich mit Familienangehörigen und Freunden eine besondere Zeit verbringen darf, dann gehört Weihnachten für mich zu den schönsten Jahreszeiten.
Ablenkung
Doch das Ganze birgt auch eine Gefahr: Ablenkung. Es ist die Gefahr, dass man so sehr mit dem Feiern beschäftigt ist, dass man vergisst, warum man überhaupt feiert . . . bzw. besser ausgedrückt, wen wir eigentlich feiern.
Die säkulare Gesellschaft ist natürlich besonders versiert darin, Weihnachten zu etwas zu machen, was es eigentlich nicht ist. Aus einer nichtchristlichen Perspektive geht es bei den »Winterfeiertagen« überhaupt nicht um das »Christuskind«, dessen Geburt sich nämlich mit großer Tragweite in jener ersten »weihen« bzw. heiligen Nacht ereignete. Es geht vielmehr um den Kommerz. Es dreht sich ums Shopping, um Geschenke, um Traditionen, ums Essen und um Musik, die zur entsprechenden Stimmung beiträgt. Es geht um einen gemütlichen, übergewichtigen bärtigen Mann vom Nordpol, der einen roten Plüschmantel trägt und sich mit einem großen Sack voller Spielzeuge auf einem fliegenden und von Zauberrentieren gezogenen Schlitten in die kalte Dezembernacht begibt.
Doch für uns Christen ist Weihnachten etwas, das unendlich wunderbarer ist als jeder Sonderverkauf oder jedes noch so zauberhafte Märchen.
Weihnachten ist das Fest von etwas Unschätzbarem, etwas Historischem, etwas Wunderbarem, etwas Rettendem. Es handelt sich um den Tag, an dem wir uns an die Geburt unseres Retters erinnern – an die Tatsache, dass die ewige zweite Person der Dreieinigkeit Fleisch wurde und unter uns wohnte.
Gottes Sohn wurde Mensch
In dieser Jahreszeit besinnen wir uns darauf, dass Gottes Sohn Mensch wurde – weswegen er Immanuel genannt wird, was »Gott mit uns« bedeutet.
Jesaja hat dies siebenhundert Jahre vor Jesu Geburt vorhergesagt:
»Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben; und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunderbarer, Ratgeber, starker Gott, Ewig-Vater, Friedefürst.« (Jes 9,5)
Vor zwei Jahrtausenden erschien einer Jungfrau namens Maria der Engel Gabriel und verkündigte, dass es durch die Kraft des Heiligen Geistes zur Empfängnis eines Kindes in ihrem Leib gekommen war. Neun Monate später, kam der Säugling Jesus auf die Welt. Wenngleich wir jede Geburt in gewisser Hinsicht als ein Wunder betrachten können, war diese Geburt überaus außergewöhnlich. Es war nicht das Umfeld, das diese Geburt so spektakulär machte, denn sie ereignete sich in einem Stall, wo gewöhnliches Vieh zugegen war und wo der leere Futtertrog als Kinderkrippe diente.
Selbst die erstaunlichen Ereignisse, die mit der Geburt Jesu einhergingen – die Verkündigung der Engel, das Vorhandensein eines Sterns, die Ankunft der Waisen einige Monate später, all diese unglaublichen Dinge, die Maria in ihrem Herzen behielt – sind nicht das Eigentliche, was seine Geburt so wundersam macht.
Nein, seine Geburt ist herrlich, weil sie mit einer großartigen und unbegreiflichen theologischen Wahrheit verbunden ist: Die geheimnisvolle und übernatürliche Realität, dass Gott Mensch wurde! Der Apostel Johannes erklärte es folgendermaßen:
»Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch dasselbe entstanden; und ohne dasselbe ist auch nicht eines entstanden, was entstanden ist. . . . Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns; und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.« (Joh 1,1–3.14; Hervorhebung hinzugefügt)
Der Grund, warum wir Weihnachten feiern
Halte einmal einen Moment inne und denke darüber nach, was der Apostel Johannes hier behauptet:
- Das Wort ist genauso ewig wie Gott der Vater und es ist ihm ebenbürtig (Verse 1–2).
- Das Wort ist der Schöpfer, durch den alles entstanden ist (V. 3).
- Und dennoch nahm das Wort Fleisch an. Er wurde Mensch und lebte auf dieser Erde, damit er sterben konnte, um Sünder zu retten. Das ist das Geheimnis und Wunder von Weihnachten.
Was für ein Gedanke! Die zweite Person der Dreieinigkeit, Gott selbst, genauso ewig wie der Vater und ihm ebenbürtig, derjenige, durch den alles geschaffen wurde und derjenige, der alles zusammenhält, verließ die Herrlichkeit des Himmels, um Mensch zu werden, indem er in einem schmutzigen, dunklen, primitiven Stall zur Welt kam, so dass er aufwachsen konnte, um einen Verbrechertod zu sterben, damit hoffnungslose Sünder von den ewigen Folgen ihrer eigenen törichten Rebellion gerettet werden können.
Wenn er nicht gekommen wäre, wäre unser Heil nicht möglich gewesen.
Charles Spurgeon schrieb bezüglich der Menschwerdung Folgendes:
»Der Mensch wurde zum königlichen Geschlecht, als Christus Mensch wurde. Der Mensch wurde erhöht, als Christus erniedrigt wurde. Der Mensch kann nun zu Gott hinaufgehen, da Gott zum Menschen heruntergekommen ist.«
Das Wunder von Weihnachten ist somit die Menschwerdung Christi: Die Realität, dass der Sohn Gottes Fleisch annahm und zum Menschensohn wurde – damit er uns als vollkommener Mittler mit Gott versöhnen möge.
Als er über die herrliche Realität von Weihnachten sprach, hinterließ uns der redegewandte Kirchenvater Augustinus die folgenden Worte:
»Das Wort des Vaters, durch das die Zeit geschaffen wurde, wurde Fleisch und in Zeit für uns geboren. Er, ohne dessen göttliche Erlaubnis kein Tag zuneige geht, [erlas] einen Tag für seine menschliche Geburt . . .«
Der Schöpfer des Menschen wurde selbst Mensch, damit er, der Herrscher der Sterne, als Säugling entwöhnt werden, dass er, das Brot, hungrig sein, dass er, die Quelle, dursten, dass er, das Licht, schlafen, dass er, der Weg, von der Reise ermattet sein, dass er, die Wahrheit, von falschen Zeugen beschuldigt werden, dass er, der Richter, von den Ungerechten verurteilt werden, dass er, die Disziplin, ausgepeitscht werden, dass er, das Fundament, am einem Kreuz aufgehängt werden . . ., dass[er, das] Leben, sterben möge.
Um diese und ähnliche Demütigungen für uns zu erleiden, um uns unwürdige Geschöpfe zu befreien, beschloss er, der als Sohn Gottes seit Ewigkeit ohne einen Anfang existierte, in diesen letzten Jahren zum Menschensohn zu werden. Er tat dies, obwohl er, der um unseretwillen solchem Unheil ausgesetzt war, selbst nichts Böses getan hatte und obwohl wir, die wir die Empfänger so vieles Guten aus seinen Händen waren, nichts getan hatten, als dass wir diesen Segen verdient hätten.«
Dies ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt des Evangeliums. Es ist der Grund, warum wir Weihnachten feiern und der Grund, warum wir die Menschwerdung Christi bis in alle Ewigkeit feiern werden.