1. Sie erhöht Christus und erniedrigt den Menschen
Das gesamte Evangelium dient dazu, Jesus Christus zu verherrlichen und die Menschen zu erniedrigen. Aus diesem Grund widerspricht alles, was die Ehre Christi schmälert, entweder direkt oder indirekt dem Evangelium. Durch die Rechtfertigung aus Glauben allein wird der Mensch zu Recht erniedrigt und Christus gebührend erhöht. Paulus erklärt:
»Aus ihm aber seid ihr in Christus Jesus, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit« (1Kor 1,30).
Paulus fährt fort, indem er Ziel und Zweck der Gabe der rechtfertigenden Gerechtigkeit darlegt:
»Wie geschrieben steht: ‚Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!‘« (V. 31).
Mit anderen Worten: Die Rechtfertigung aus Glauben allein garantiert, dass wir uns ausschließlich des Herrn rühmen. Sie garantiert, dass Er allein verherrlicht wird. Es gibt nichts, das wir für unsere Rechtfertigung getan haben oder tun werden, dessen wir uns rühmen könnten.
Aus diesem Grund schmälert jede Rechtfertigungslehre, die auf irgendeine Weise eine Beteiligung des Menschen an seiner Rechtfertigung miteinschließt, den Ruhm und die Herrlichkeit Christi. Paulus sagt ausdrücklich, dass sich kein Mensch für die Rechtfertigung rühmen kann aus dem einfachen Grund, dass jegliche menschliche Beteiligung daran ausgeschlossen ist. Er schreibt:
»Wo ist nun der Ruhm? Er ist ausgeschlossen worden. Durch was für ein Gesetz? Der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke« (Röm 3,27-28).
Paulus unterscheidet nicht zwischen den Werken, die wir aus eigener Kraft vor unserer Rettung getan haben, und den Werken des Evangeliums, die wir als Christen durch Gottes Gnade tun. Die freie Rechtfertigung schließt jedes menschliche Rühmen aus, weil sie jede menschliche Beteiligung ausschließt und Gott allein die Ehre gibt.
2. Sie bewirkt wahre Anbetung und Lobpreis Gottes
Die freie Rechtfertigung ist auch fundamental für die Anbetung und den Lobpreis Gottes. Im Neuen Testament wird deutlich, dass wahre Anbetung eine Reaktion des Herzens auf die bereits vollendete Rechtfertigung ist. Sie ist die Herzensantwort eines Menschen, der weiß, was es bedeutet, für immer von Gott angenommen zu sein. Mit anderen Worten: Wenn Gläubige sich über die freie, vollkommene und endgültige Rechtfertigung freuen, bringen ihre Herzen Lobpreis und Anbetung hervor. Auch Paulus bringt die Anbetung direkt mit der freien Rechtfertigung in Zusammenhang:
»Denn wir sind die Beschneidung, die wir durch den Geist Gottes dienen [anbeten] und uns Christi Jesu rühmen und nicht auf Fleisch vertrauen« (Phil 3,3).
Paulus erzählt in diesem Kapitel von seiner Bekehrung. Er blickt zurück auf sein früheres Leben als frommer Jude und erzählt, wie er seine Überzeugung, aus eigenen Werken die Rechtfertigung erlangen zu können, abgelegt hat. Er beschreibt, was ihm zuvor geschehen ist, also eine vergangene Realität:
»Aber was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet [eine vergangene Tatsache, die bis in die Gegenwart hineinwirkt]; ja wahrlich, ich achte auch [nach wie vor] alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, um dessentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, damit ich Christus gewinne [zu jenem vergangen Zeitpunkt] und in ihm gefunden werde [sowohl zum Zeitpunkt der Bekehrung als auch am Tag des Gerichts], indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist, sondern die, die durch den Glauben an Christus ist – die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben« (Phil 3,7-9).
Paulus sagt, dass er sich als wahrer Anbeter Gottes in Jesus Christus rühmt und nicht auf Fleisch vertraut (V. 3). In den Versen 4 bis 9 erklärt er, warum er im Geist anbetet und warum er sich in Christus rühmt. Er tut dies ausdrücklich wegen Gottes rechtfertigender Gnade. Paulus hat durch seine Erfüllung der Werke des Gesetzes keine eigene Gerechtigkeit erlangen können (V. 9). Er schränkt seine Aussage nicht ein, indem er zwischen zeremoniellen Werken und moralischen Werken unterscheidet. Könnte Paulus es noch deutlicher ausdrücken? Von sich selbst sagt er:
»Was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, für untadelig befunden« (V. 6)
– hier spricht er ganz klar von seinen moralischen Werken, während er sich in Vers 5 auf die zeremoniellen Werke bezieht:
»beschnitten am achten Tag«.
Dann sagt er:
»Ich achte auch alles für Verlust […] und […] für Dreck […], damit ich Christus gewinne […], indem ich nicht meine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz ist« (V. 8.9a).
Alles ist für Paulus Verlust und Dreck geworden. Er hat keine eigene Gerechtigkeit – in keiner Weise und in keinem Maße.
Jesus Christus ist Paulus‘ einzige rechtfertigende Gerechtigkeit. Paulus ist von Gott nur angenommen, weil Jesu Gerechtigkeit ihm zugerechnet wurde – eine Gerechtigkeit, die nicht aus ihm selbst kommt, wie er in Vers 9 sowie in Römer 4 und 5 deutlich macht. Es gibt also einen wichtigen Zusammenhang zwischen der Rechtfertigung und der wahren Anbetung: Unser Verständnis von der Rechtfertigung bestimmt unsere Art der Anbetung. Je mehr wir die freie, rechtfertigende Gnade Christi erfassen, desto mehr werden wir Gott preisen und anbeten. Anbetung ist Herzenssache (Mt 15,9) und die freie Rechtfertigung hat einen großen Einfluss auf unser Herz. Sie schenkt uns ein dankbares Herz, das Gott für Seine große Gnade und Sein Erbarmen lobt (Eph 1,6.12.14).
3. Sie reinigt das Gewissen und schenkt inneren Frieden
Ein weiterer Grund für die enorme Bedeutung der freien Rechtfertigung ist, dass sie die einzige Möglichkeit für einen Sünder ist, sein Gewissen zu „entlasten“. Sie allein kann das Gewissen eines Sünders beruhigen, der sich der unendlich großen Schuld seiner Sünde gegenüber dem unendlich heiligen Gott bewusst geworden ist. Jeder, der schon mal unter Gewissensbissen gelitten hat, freut sich umso mehr über die freie Rechtfertigung mittels Zurechnung der Gerechtigkeit Christi. Oder, um es anders auszudrücken: Je mehr sich ein Mensch seiner Schuld gegenüber Gott bewusst ist, desto mehr wird er auch die freie Rechtfertigung schätzen. Das Gegenteil trifft allerdings auch zu. Warum sollte jemand, der sich vor Gott nicht schuldig fühlt, die freie Rechtfertigung als seine einzige Hoffnung erkennen und schätzen?
4. Sie schützt und bewahrt das Glaubensleben des Christen
Schlussendlich ist die freie Rechtfertigung auch enorm wichtig, weil sie sowohl Schutz als auch Bewahrung für die Heiligung und das christliche Glaubensleben gewährt. Das richtige Verständnis der freien Rechtfertigung bildet die Grundvoraussetzung für ein Leben in wahrer Heiligung. Das christliche Leben ist ein Leben in Dankbarkeit für die vollkommene Vergebung, die wir bereits erhalten haben. Es ist eine Reaktion auf die rechtfertigende Gnade, die uns bereits gewährt wurde. Das christliche Leben ist ein Kampf, ein Krieg und ein inniges, unablässiges Streben nach Heiligkeit. Doch wir streben nicht nach Heiligkeit, um am letzten Tag das ewige Leben zu erhalten und gerechtfertigt zu werden. Vielmehr ist dieses Streben nach Heiligkeit eine freudige, dankbare Reaktion, mit der wir unseren Retter preisen für die vollständige Rechtfertigung, die wir schon in der Gegenwart genießen. Mit anderen Worten: Die Heiligung sollte nicht mit der Rechtfertigung verwechselt werden. Oder, anders gesagt, die Heiligung darf auf keinen Fall zu einer Bedingung für die endgültige Rechtfertigung werden. Sie ist ein notwendiger, unabdingbarer Beweis für unsere Rechtfertigung, doch sie ist in keiner Weise ein Mittel, um unsere Rechtfertigung oder Rettung zu erlangen.
Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch »Freie Rechtfertigung« von Steve Lawrence Fernandez. Das Buch (oder eBook) bekommst du hier mit 50% Rabatt.