Martin Manten, Schulleiter Standort Zürich, erinnert daran, dass die Welt eine gefallene Welt ist und Christen in ihr leben, aber nicht von ihr sind. Die gefallene Welt zeichnet sich heute unter anderem durch eine Schnelllebigkeit aus. Alles muss schnell gehen. Beispielhaft werden Instant-Kaffee, Fast Food und Instagram genannt. Es ist alles ein „Schlucken ohne Aufwand“, ein „alles haben, aber nicht viel investieren wollen“.
Dieses Denken hat auch längst auf die evangelikale Christenheit Einfluss genommen. Martin erwähnt die beiden „Geschwister“ „Mach mal“ und „Mach schnell“. Dagegen kennt die Bibel eine ernste Warnung, denn wenn es um die Gemeinde und das Wohl der Schafe geht, dann sind „Mach mal“ und „Mach schnell“ fehl am Platz:
Die Hände lege niemand schnell auf, und habe nicht teil an fremden Sünden! Bewahre dich selbst rein! (1. Timotheus 5,22 ELB)
Unter anderem ist der 1. Timotheus-Brief geschrieben worden, um zu wissen, wie es im Haus Gottes zugehen soll (1. Timotheus 3,14-15). Das Neue Testament berichtet zwar wenig über die Form des Gottesdienstes, dafür aber viel über die Leiterschaft (z.B. 1. Timotheus 3,1-7), denn mit den Leitern steht oder fällt alles. „Der Fisch stinkt vom Kopf her“ ist die passende, heute bekannte Redewendung.
Martin macht darauf aufmerksam, dass es bei den Leitern einer Gemeinde um Bewährung geht und nicht um ein „machen wir mal schnell“. „Die einzigen, die Stress haben, sind wir. Gott hat keine Eile.“ Und gegen diesen Stress warnt Paulus in 1. Timotheus 5,22. Das Handauflegen ist nichts Mystisches, sondern bedeutet an dieser Stelle schlicht das offizielle Übertragen einer Aufgabe mit der Anteilnahme am Anderen. Darum machst du dich mitschuldig, wenn „durch deine Hand“ Leiter in die Position eines Ältesten berufen werden und sie dort gar nicht hingehören. Wenn „jeder“ an den Steuerknüppel gelassen wird, sind es die Passagiere, die am meisten darunter leiden. Welch‘ eine ernste Warnung, die Paulus hier lehrt!
Im Anschluss hat Martin die anderen Redner der Konferenz zu einem Podiumsgespräch auf die Bühne geholt. Die Fragen und Antworten werden im Folgenden grob skizziert, also nicht wortwörtlich, wiedergegeben.
Frage: Was machst du, wenn du in deiner Gemeinde Älteste in der Leitung hast, die da eigentlich nicht hingehören? Oder: Wie können wir schon im Vorfeld darauf achten, damit wir nicht die Falschen kriegen?
Christian Andresen: Alles muss an der Schrift geprüft werden. Es ist wichtig, die angehenden Ältesten und ihre Familie zu kennen, d.h. letztlich viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Die angehenden Ältesten selbst müssen die Bibel gut kennen und die Menschen in ihrem Umfeld müssen bereit sein, ihnen zu folgen.
Frage: Bevor ein angehender Ältester eingesetzt wird… wie sollte der Prüfungsprozess aussehen?
Rick Holland: Ein oft beobachteter Fehler ist der, dass gedacht wird, dass die Personen, die im Geschäfts- oder Trainerleben erfolgreich sind, auch automatisch im geistlichen Dienst erfolgreich seien. Wichtig ist zu verstehen: Du wählst keine Ältesten aus und hoffst, dass sie Älteste werden, sondern du beobachtest und setzt bewährte Männer als Älteste ein. Darum sind folgende Prüfungen für einen angehenden Ältesten wichtig: Eine frühe und dauerhafte lehrmäßige Prüfung, ein Kennenlernen der Familie, ein Verstehen, wie die Person lehrt und ob sie demütig und belehrbar ist.
Frage: Wie testest du einen angehenden Ältesten konkret, ob er mit der gesunden Lehre überführen und zurechtweisen kann?
John Glass: Diesen Test haben wir schon recht früh durchlaufen, und zwar dann wenn angehende Älteste in Erwägung gezogen werden. Wir prüfen das, indem wir denjenigen in seinem Lehrdienst beobachten. Dann wird die Gemeinde gefragt, von wem sie denkt, wer aus ihrer Sicht bereit ist. Beide Sichten werden verglichen und in Einmütigkeit wird der Prozess zu einem Ältesten angegangen.
Frage: Es gibt in manchen Gemeinden eine Vielzahl von schriftlichen Prüfungsfragen für einen angehenden Ältesten. Ist das übertrieben oder sinnvoll?
Rick Holland: Das kann angemessen sein. Angehende Älteste müssen bei uns jede Zeile des Glaubensbekenntnisses (15 Seiten) bejahen und erklären können. Natürlich unter Abwägung, was entscheidende und nicht ganz so entscheidende Themen sind. Wichtig ist, dass man ausreichend Zeit mit den Leuten verbringt und langfristig plant. Doch bei alledem darf nie vergessen werden, dass es letztlich darum geht, die Ältesten, die Gott erwählt hat, einzusetzen.
Frage: Willst du damit sagen, es braucht Zeit?
Rick Holland: Ja, es braucht Zeit. Wir haben z.B. einen jungen Mann (20 Jahre alt), der vermutlich noch 15 Jahre braucht, aber jetzt investieren wir schon in ihm. Das Gute ist, dass du ihn nach einer so langen Zeit wirklich kennst und weißt, was er glaubt und welche Überzeugungen er hat. Es gibt aber auch eine pikante Seite: Du hast für einen so langen Zeitraum nicht die Übersicht und bildest vielleicht auch Älteste für andere Gemeinden aus.
John Glass: Eine Geschichte, die letztes Jahr in Genf passiert ist. Einer der Ältesten, ein guter Freund, erklärte aus dem Nichts, dass er die Gottheit Jesu in Zweifel zieht und er nicht mehr an die Dreieinigkeit glaubt. Du kannst Seite an Seite lehren, 20 Jahre lang, ein ausführliches Glaubensbekenntnis haben, hervorragende Dienste leisten und selbst dann kann so etwas passieren. Es ist harte Arbeit und man soll planend vorgehen, aber es liegt in Gottes Hand.
Rick Holland: Ja. Jesus hatte einen Judas und Paulus einen Demas. Jesus hat Judas trotzdem ausgesandt, um das Evangelium zu verkündigen.
Frage: Wie muss derjenige denn mit der Schrift umgehen?
John Glass: Die angehenden Ältesten müssen beides können: Sie müssen lehrfähig sein und mit der gesunden Lehre wiederlegen können.
Christian Andresen: Dabei ist es wichtig konstant Männer zuzurüsten. Hirten haben einen Plan für die Zurüstung eines jeden Gemeindemitglieds. Nichts an Einsatz und Geld ist zu viel, um eine Person zur vollen Reife zu bringen.
Frage: Wir alle hier stehen im vollzeitlichen Dienst. Wie sieht es mit Anforderungen an Laienälteste aus, die sich nicht vollzeitlich der Sache widmen können?
Rick Holland: Bei uns in der Gemeinde ist es eine Bedingung, dass Älteste – Laien und Vollzeit-Angestellte – sich einmal die Woche treffen. Diese Bedingung ist unverhandelbar. Die einzige gemeinsame Zeit bei uns ist mittwochs um 6 Uhr morgens. Das ist das gemeinsame Treffen, wo wir uns miteinander austauschen.
John Glass: Ist es ein „Herz zu Herz“-Austauschen oder geht es auch um Gemeindebelange?
Rick Holland: Bei uns gliedert sich das in drei Teile: Jeweils 20-30 Minuten Lehre vom Wort Gottes, administrative Entscheidungen und durch die Gemeindeliste gehen und beten.
John Glass: Da haben wir als Gemeinde versagt. Morgens um 8 Uhr wird als unchristliche Zeit angesehen und unsere Schwächen sind, dass wir weit verstreut leben und es in den Sitzungen viel zu viel um Administration geht.
Frage: Gibt es etwas, wo ihr sagt: Das ist ein Muss! Was sind die Minimalanforderungen für Älteste?
John Glass: Lehrfähigkeit.
Rick Holland: Es gibt drei Kategorien: Charakter, Begabung und Einsatz. Es gibt z.B. auch Männer, deren Zeit einfach nicht ausreicht, weil die Lebensumstände das nicht zulassen.
John Glass: Bei uns gibt es alle zwei Jahre eine Beurteilung durch die Ältesten der Gemeinde.
Martin Manten: Beurteilung im Sinne von „demokratisch wählen“ oder im Sinne von „kein Einwand im biblischen Sinne“ vorhanden und damit bestätigen?
Rick Holland: Bei uns ist es eine Jahresgemeindestunde im Februar. Doch schon im Dezember davor sagen wir der Gemeinde: „Das sind eure Ältesten. Prüft sie. Wenn ihr ein Problem seht, dann sprecht ihn an.“ Es geht nicht um eine Wiederwahl, sondern wir fragen nach echten Bedenken. Das Bestätigen ist dann unspektakulär innerhalb von zehn Sekunden erledigt.
John Glass: In Frankreich und bei uns in Genf ist das anders: Jedes Jahr stimmt die Gemeinde über bestehende und neue Älteste ab. Das hat rechtliche Hintergründe in der Schweiz. Das Prinzip ist großartig, solange es funktioniert, aber das Stimmrecht kann auch missbraucht werden. Was ich von der Konferenz mitnehme ist, dass wir von diesem ständigen Neuwählen wegkommen müssen!
Frage: Es gibt aber auch das andere Problem: Es gibt Älteste, die bereits dahin gewählt wurden, wo sie nicht hingehören. Wie geht ihr damit um?
John Glass: (mit Humor) Hinter der Kanzel haben wir eine Falltür (bezugnehmend auf die Predigt am Vormittag).
Rick Holland: Eigentlich sollte ein Ältester belehrbar sein. Darum sagen wir ihm: „Nimm dir eine Zeit und beurteile dich.“ Das dritte Kriterium neben Begabung und Charakter ist die Zeit. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn es ist die Frage, ob der Ältestendienst aufgrund seines Charakters verfehlt wird oder ob er einfach wegen spezieller Umstände keine Zeit hat. Zuerst redet ein Ältester mit demjenigen, dann die anderen mit ihm.
Frage: Wir haben festgestellt, dass ein Ältester nicht der Richtige ist, aber er will nicht zurücktreten. Was tun wir?
John Glass: Es war in einer Gemeinde, dass ein Ältester schon so lange Ältester war, dass er quasi schon zum Inventar gehörte. Er war eigentlich nicht qualifiziert, denn er lehrte nicht. Was also tun? Was ist weise? Eine große Sache draus machen?
Rick Holland: Wir müssen hier unterscheiden: Ist er einfach nicht hilfreich oder kreiert er Probleme? Bei einem, der von den Kriterien her Ältester ist, aber z.B. aufgrund von Umständen nur wenig Zeit hat, könnte auf eine Rücktrittsbitte geknickt reagieren und die Gemeinde könnte Schaden nehmen.
Martin Manten: In all den Situationen ist Geduld und Weisheit gefragt.
Rick Holland: Darum mache ich eines in unserem Ältestenkreis immer wieder klar: Wenn etwas zwischen uns steht, müssen wir das in unserem Kreis lösen, denn sonst spalten wir die Gemeinde vom Kopf her.
Martin Manten: Ja, auch im Leiterkreis kann es passieren, dass es Uneinigkeit gibt. Es braucht Zeit. Schnellschüsse sind immer fehl am Platz. Alexander Strauch antwortete mir, was ich tun soll, wenn ich merke, dass ein Ältester fehl am Platz ist: Du musst 1. Timotheus 5,22 beachten. Ihr habt die falschen Leute eingesetzt, ihr müsst es auch auslöffeln. Darum heißt es vorher geduldig zu bleiben und mit Bedacht zu handeln.