Leiter, denen Gott widersteht – Der widerwillige Leiter

Ein Mann muss zu geistlicher Leiterschaft berufen sein und nicht durch irgendein fremdes Ideal dazu gezwungen werden.
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widerwillige leiter
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Gott widersteht dem widerwilligen Leiter

Keiner würde wohl bestreiten, dass sexuelle Verfehlung im Leben eines geistlichen Leiters eine der zerstörerischsten Kräfte ist, denen Gottes Diener ausgesetzt werden können. Der Feind liebt es, Leiter mit schwachen Überzeugungen zu großen moralischen Kompromissen zu verführen, und er ist unentwegt damit beschäftigt, die Karrieren von einer Vielzahl von falschen Hirten innerhalb der Familie Gottes zu fördern, die nicht die Kraft haben, fleischlichen Lüsten zu widerstehen. Solange immer wieder der ein oder andere Angriff erfolgreich verläuft, leidet die Gemeinde jahrelang unter dem Vertrauensbruch und einem geschwächten Zeugnis. Es ist in der Tat so, dass der Dienst augenblicklich zum Erliegen kommt, wenn es in der Spitze zu sexuellen Verfehlungen gekommen ist und diese ans Licht gekommen sind. Jede Gemeinde, die die schrecklichen Auswirkungen der sexuellen Verfehlungen ihres Leiters durchgemacht hat, ist mit der plötzlichen Verheerung und den darauffolgenden Jahren des Misstrauens vertraut.

Ignorierte Charakterschwächen von Leitern

Doch wie sieht es mit den schleichenden, weniger dramatischen Charakterkrankheiten aus, die im Leben eines Leiters vor sich hin mutieren und einen gesunden Dienst genauso in Mitleidenschaft ziehen können, wenn man sie jahrelang nicht bemerkt und sich nicht um sie kümmert? Ich beziehe mich auf Charakterschwächen von Leitern, die regelmäßig ignoriert, absichtlich vernachlässigt und oft mit Ausreden vertuscht werden. Der zornige, streitlustige Leiter dämpft z. B. den Dienst unter dem Schatten der Einschüchterung und Herrschsucht. Ein unersättlicher Wunsch nach Lob zwingt einen Leiter, einerseits auf Schmeicheleien aus zu sein und andererseits aufgrund seiner Eifersucht anderen begabteren Leitern zu widerstehen. Ein Hunger nach Macht und Kontrolle erfüllt einen Leiter mit Neid, egoistischem Ehrgeiz und Habgier. Wiederum anderen Leitern wird sündige Menschenfurcht zum Fallstrick, indem sie allen anderen gegenüber misstrauisch sind und jegliche Rechenschaft in ihrem Leben ablehnen. Sind diese Schwächen für die Gemeinde weniger abträglich als ein öffentlicher moralischer Skandal? Kann die Eigenwilligkeit eines Leiters übersehen werden und können seine Leiterschaftsbemühungen trotzdem mit langfristigem Erfolg gesegnet sein? Wird Gott auf Dienstbestrebungen wohlwollend herabschauen, obwohl gegen den Stolz eines Pastors nichts unternommen wird?

Gott hasst Stolz

Die Schrift warnt uns ernsthaft: Gott hasst Stolz, er widersteht stolzen Menschen und lässt jenen großzügig Gnade zukommen, die Demut anstreben (Ps 138,6; Spr 3,34; 6,17; 16,5.18; Mt 23,12; Jak 4,6; 1Pet 5,5). Stolz in einem Leiter erforderte sogar härtere Maßnahmen:

„Dir wird gesagt, König Nebukadnezar: Das Königreich ist von dir genommen! Und man wird dich von den Menschen verstoßen, und du sollst dich bei den Tieren des Feldes aufhalten … bis du erkennst, dass der Höchste Macht hat über das Königtum der Menschen und es gibt, wem er will“ (Dan 4,28b–29).

Die hypnotische Verlockung der Macht und Vorrangstellung wird vielen, die sich in Positionen mit geistlichem Einfluss befinden, zum Fallstrick. Was das Ganze noch schlimmer macht sind Leitungsteams und Ältestenkreise, die nur sehr wenig gegen diese Sünden dieser „natürlichen Führungspersönlichkeit“ bzw. dieses „geborenen Leiters“ unternehmen. Die Mitarbeiter einer Gemeinde und die Gemeindeglieder erdulden manchmal eine aggressive, zornige, leicht eingeschnappte und sich selbst vermarktende Leiterschaft über Jahre hinweg, ehe das Problem offen angesprochen und gelöst wird. Es ist ziemlich oft der Fall, dass sie zurückschlagen, wenn es schließlich zur Konfrontation von solchen Männern kommt, um ihr Gesicht zu wahren, indem sie jegliche Kritik als gottlose Meuterei zurückweisen. Gott widersteht diesen Leitern, selbst wenn die Leute um ihn herum nichts unternehmen und den Rückzug antreten (Jak 4,6; 1Pet 5,5).

Stolze Leiter

Alexander Strauch spricht von der Art von Pastor, der einem leider allzu oft unterkommt: Er besaß zwar ein phänomenales Bibelwissen, doch „seine Theologie war so klar wie Eis, aber doppelt so kalt.“ Treue Gemeinden werden oft von dem heimtückischen Parasit des Stolzes, der sich in einem Leiter befindet, in Stücke gerissen. Was kann dagegen unternommen werden? Wie kann sich ein Dienst vor dieser lähmenden Krankheit schützen? Kann ein Leiter sein „Herz mehr als alles andere behüten“ (Spr 4,23) und somit vermeiden, dass der effektive Dienst am Evangelium abgewürgt wird? Ich denke schon, und die Schrift macht deutlich, dass er es muss! Es gibt Leiter, die Gott vollmächtig gebraucht, und solche, denen er widersteht.

Der widerwillige Leiter

Ich habe bemerkt, dass Leiter, die sich in ernsthaften Dienstkonflikten befinden, oft zynisch, negativ und misstrauisch werden können. Wenn das passiert, ist es nur eine Frage der Zeit, ehe die Schafe zur Zielscheibe der Frustration des Hirten werden. Das ist genau das Gegenteil dessen, wie Paulus den Dienst langfristig sieht:

„Meine Kinder, um die ich noch einmal Geburtswehen leide, bis Christus in euch Gestalt gewinnt“ (Gal 4,19).

Mitgefühl für die Belange anderer bewahrte Paulus davor, zum Zyniker zu werden. Es hielt ihn davon ab, mit schroffem Beigeschmack zu lehren. Es verhinderte, dass er wie ein Mann diente, der sich in seiner Verantwortung „gefangen“ fühlte, ohne dass sein Herz bei der Sache war. Manchmal kann der „Druck“, der von einem Pastor empfunden wird, seiner „Verpflichtung“ nachzukommen, überraschend unterschwellig sein. Männer, die schon längst ihre Freude und ihren Mut verloren haben, rackern sich weiterhin ab aus Angst, irgendwie ihren Ruf zu schmälern. „Was werden wohl andere von mir denken, wenn ich mich für einen Karrierewechsel entscheide?“, sorgen sie sich vielleicht. „Wird man mich für schwach und ungeistlich halten?“

Das Verlangen, Menschen zu gefallen, wird den Einfluss des Heiligen Geistes auf die Hirtenaufgabe dämpfen. Im Gestöber der vermeintlichen Dienstverantwortung kann ein ansonsten wachsamer Leiter dahin gelangen, dass er sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, Gottes Absichten nicht mehr sieht und aus einer gewissen Verpflichtung heraus unter Druck nur „abliefert“. Hast du schon einmal widerwillig ein Dienstprojekt „zu Ende“ bringen müssen, nur weil du die Erwartungen eines Mentors, Verwandten oder Freundes befriedigen wolltest? Ich habe mehrere Männer kennengelernt, die sich nur deshalb zum Prediger haben ausbilden lassen, weil sie den begeisterten Plänen hoffnungsvoller Familienangehöriger nachgegeben haben oder ihrem eigenen „Helden“ in den Dienst gefolgt sind. Selbst aus Angst, ein geregeltes Einkommen zu verlieren, haben sich einige Männer an geistliche Pflichten ketten lassen, zu denen sie überhaupt nicht berufen worden waren. Ein geistlicher Leiter kann nicht einfach sowohl Gott als auch sich selbst dienen!

Die Leiterschaft-aus-Pflichtbewusstseins-Falle

In 1. Petrus 5,1–4 werden wir vor einer berüchtigten Bande von düsteren Beweggründen gewarnt, die die Schafe ihrer echten Obhut berauben. Vers 2 erklärt, dass unsere Leiterschaft niemals aus dem Wunsch entstehen darf, uns selbst zu erhalten, anderen zu gefallen oder die Welt zu beeindrucken. Leiter sollen „nicht gezwungen, sondern freiwillig“ Aufsicht tun. Wir sind dazu berufen, Gottes Kindern aus einem tiefen Anliegen heraus zu dienen, um ihnen nach dem Vorbild des Oberhirten liebevolle Fürsorge zukommen zu lassen – und dies mit ganzer Aufrichtigkeit! So wie sich der Apostel Paulus über die dringenden geistlichen Bedürfnisse der Herde Gottes den Kopf zerbrach (2Kor 11,28–29; Gal 4,19; Kol 1,28–,1), müssen auch wir fleißig ans Werk gehen – nicht aus einem eigennützigen Pflichtbewusstsein oder wegen äußerem Druck, sondern mit der Leidenschaft eines Freiwilligen zur Ehre und Verherrlichung Jesu Christi. Das Werk geistlicher Leiterschaft mit seinen unermüdlichen Anforderungen, seiner geistigen Anstrengung und seiner ernüchternden göttlichen Rechenschaft ist nichts für Kleinmütige. Jene, die unter Zwang dienen, „können nicht aufrichtig von Herzen für die Gläubigen sorgen“ und „werden unglückliche, ungeduldige und zurückhaltende Hirten sein, von Schuldgefühlen geplagt und wenig zustandebringend“. Jesus warnte vor dem feigen Mietling, der beim ersten Anzeichen der Gefahr türmt und die Herde schutzlos zurücklässt (Joh 10,12–13). Wenn du es nur aus Angst vor negativer Presse machst, um den Zuspruch deiner Helden zu bekommen, oder schlichtweg, um eine Mahlzeit auf den Tisch zu stellen, dann qualifizierst du dich als Mietling. Ein Mann muss zu geistlicher Leiterschaft berufen sein und nicht durch irgendein fremdes Ideal dazu gezwungen werden.

Um die „Leiterschaft-aus-Pflichtbewusstseins-Falle“ zu vermeiden, ist es erforderlich, dass wir die Misere, in der sich der Mensch befindet, verstehen und identifizieren. Als Jesus die Volksmenge um sich herum betrachtete, nahm er die Menschen als „ermattet und vernachlässigt … wie Schafe, die keinen Hirten haben“ wahr (Mt 9,36b). So sollten wir uns selbst und andere sehen. Dieser Zustand löste bei unserem Herrn Mitgefühl aus („empfand er Mitleid mit ihnen“, Vers 36a) sowie die dringende Bitte nach Mitarbeitern am Evangelium („Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte aussende“, Vers 38). Wenn unser Mitgefühl für andere in Not nachlässt, hat auch unsere Liebe für Gott nachgelassen (1Joh 3,17). Hat dein zartes Mitgefühl seinen Glanz verloren? Dann musst du Buße tun und dich in die Lage jener versetzen, denen du dienst. Denke daran, dass wir alle Schafe sind! Das Problem des anderen war gestern noch dein eigenes, oder es wird möglicherweise morgen deines sein. Der Mann, der sich danach sehnt, dass Christus in Gottes Kindern völlig Gestalt annimmt, wird die uneigennützigen und liebevollen Merkmale des Oberhirten aufweisen, indem er stets bereit ist, sein Leben für andere hinzugeben.

 

Aus dem Buch: Tapfere Gemeindemänner von Jerry Wragg

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