Die Treue Gottes

Gottes Treue ist der tragende Grund unserer Hoffnung auf die zukünftige Glückseligkeit. Sein Bund und seine Verheißungen stehen und fallen mit seiner Treue. Nur wenn wir die völlige Gewissheit haben, dass er treu ist, können wir im Frieden leben und zuversichtlich dem zukünftigen Leben entgegenblicken.
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Das Wesen Gottes - Gottes Treue
Lesezeit: 5 Minuten

Das ist ein köstlich Ding, Dir danken und Deinem Namen lobsingen, Du Höchster, des Morgens Deine Gnade und des Nachts Deine Treue verkündigen. Wie Dein Sohn, als er auf Erden weilte, Dir, seinem himmlischen Vater, treu war, so steht er jetzt im Himmel treu zu uns, seinen irdischen Brüdern. Und in diesem Wissen gehen wir vorwärts und sehen voller Zuversicht und Hoffnung der Zukunft entgegen. Amen.

Gottes Eigenschaften sind keine isolierten Charakterzüge, sondern Einzelteile seines ganzheitlichen Wesens. Sie sind nicht etwas, das in sich selbst besteht, sondern Gedanken, die wir über Gott haben, Aspekte eines vollkommenen Ganzen, Namen, mit denen wir das bezeichnen, was wir als Wahrheit der Gottheit erkannt haben.

Gottes Eigenschaften sind eine Einheit

Um ein richtiges Verständnis von Gottes Eigenschaften zu haben, ist es wichtig, dass wir sie als Einheit sehen. Wohl können wir jede einzeln untersuchen, aber wir können sie nicht voneinander trennen. „Alle Gott zugeschriebenen Eigenschaften können sich in Wirklichkeit – aufgrund der vollkommenen ‚Einheit’ Gottes – nicht voneinander unterscheiden, obgleich wir verschiedene Worte dafür gebrauchen“, sagt Nicolaus von Kues. „Deshalb, obwohl wir Gott Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Berühren, Fühlen, Denken, Verstand usw. zuschreiben – und das in jeder Bedeutung des jeweiligen Wortes – ist doch bei ihm Sehen nichts anderes als Hören oder Schmecken, Riechen oder Berühren, Fühlen oder Verstehen. So formt alle Theologie sozusagen einen Kreis, da jede einzelne der Eigenschaften Gottes durch die anderen bestätigt wird.“

Beim Studium der einzelnen Eigenschaften wird die eigentliche Einheit aller Eigenschaften bald ersichtlich. Zum Beispiel sehen wir, dass, wenn Gott in sich selbst existierend ist, er sich auch selbst genügen muss; und wenn er Macht hat, dann muss er – weil er unendlich ist – alle Macht haben. Wenn er Wissen besitzt, dann bedingt seine Unendlichkeit, dass er alles Wissen besitzt. Ähnlich ist von seiner Unveränderlichkeit auf seine Treue zu schließen. Ist er unwandelbar, so folgt daraus, dass er nicht untreu sein kann; denn das würde erfordern, dass er sich verändert.

Eine einzige Schwäche im göttlichen Wesen würde Unvollkommenheit bedeuten. Aber da Gott vollkommen ist, kann er keine Schwäche kennen. So erklärt eine Eigenschaft die andere und beweist, dass es lediglich flüchtige Eindrücke sind, die unser Sinn von der absolut vollkommenen Gottheit erhascht.

Gottes Eigenschaften widersprechen sich nicht

Alle Taten Gottes stehen in Übereinstimmung mit allen seinen Eigenschaften. Keine Eigenschaft widerspricht einer anderen, sondern sie harmonieren miteinander und gehen in der unendlichen Tiefe der Gottheit ineinander über. Alles, was Gott tut, deckt sich mit dem, was Gott ist. Tun und Sein ist in ihm eins.

Die bekannte Vorstellung von einem Gott, der zwischen seiner Gerechtigkeit und seiner Gnade hin- und hergerissen ist, entspricht absolut nicht den Tatsachen. Sich einen Gott vorzustellen, der zunächst zu einer seiner Eigenschaften neigt, dann aber doch zu einer anderen, würde bedeuten, sich einen Gott vorzustellen, der sich seiner selbst nicht sicher, sondern frustriert und gefühlsmäßig unbeständig ist. Das hieße natürlich, dass der, von dem wir in dieser Weise denken, nicht der wahre Gott ist, sondern nur ein schwacher, vollkommen unscharfer geistiger Widerschein von ihm.

Falsche Vorstellungen von Gottes Eigenschaften

Gott kann aufgrund dessen, was er ist, nicht aufhören zu sein, was er ist. Und weil er ist, was er ist, kann er nicht im Widerspruch zu seinem Wesen handeln. Er ist gleichzeitig treu und unveränderlich, und so muss er auch in all seinen Worten und Taten treu sein und treu bleiben. Menschen werden untreu aus Verlangen, Angst, Schwachheit, verlorengegangenem Interesse oder aufgrund eines starken äußeren Einflusses. Es liegt auf der Hand, dass nichts von alledem Gott auch nur im Geringsten beeinflussen kann. Er ist sich selbst Grund für alles, was er ist und tut. Er kann nicht von außen her zu etwas gezwungen werden, sondern redet und handelt stets aus eigenem Antrieb, seinem souveränen Willen und Wohlgefallen entsprechend.

Es kann meiner Meinung nach bewiesen werden, dass jede Irrlehre, die der Gemeinde Jesu im Laufe der Jahre zu schaffen gemacht hat, entweder durch falsche Vorstellungen über Gott oder durch Überbetonung gewisser wahrer Eigenschaften unter Vernachlässigung anderer Eigenschaften entstanden ist.

Eine Eigenschaft so hervorzuheben, dass dadurch eine andere verdunkelt oder gar ausgeschlossen wird, bedeutet, sich in einen betrüblichen theologischen Morast zu versenken. Und trotzdem sind wir immer wieder versucht, genau das zu tun!

Zum Beispiel lehrt die Bibel, dass Gott Liebe ist. Durch die Art und Weise, wie manche das ausgelegt haben, ist Gottes Gerechtigkeit, die von der Bibel ja auch gelehrt wird, so gut wie geleugnet worden. Andere überspitzen die Lehre von der Güte Gottes so sehr, dass sie in Widerspruch zu seiner Heiligkeit gesetzt wird. Manche bringen es fertig, durch Überbetonung seines Erbarmens seine Wahrheit aufzuheben. Wieder andere verstehen die Souveränität Gottes in einer Weise, die seine Güte und Liebe zerstört oder zumindest auf ein Minimum herabsetzt.

Nur dann stehen wir der Wahrheit korrekt gegenüber, wenn wir all das zu glauben wagen, was Gott über sich selbst ausgesagt hat. Der Mensch lädt sich eine schwere Verantwortung auf, wenn er die Offenbarung Gottes um jene Teile zu verkürzen trachtet, die ihm in seiner Unwissenheit als anfechtbar erscheinen. Wenn jemand unter uns so vermessen ist, etwas Derartiges zu versuchen, dann muss ja Blindheit auf ihn fallen. Dabei ist das völlig unnötig. Wir brauchen keine Angst davor zu haben, die Wahrheit so stehenzulassen, wie sie geschrieben ist. Es gibt unter den göttlichen Eigenschaften keine Konflikte. Gottes Wesen ist unitär, das heißt, vollkommen eins in sich. Es kann sich nicht spalten und zu gegebener Zeit der einen Eigenschaft entsprechend handeln, während die übrigen untätig bleiben. Alles, was Gott ist, muss mit all dem übereinstimmen, was Gott tut. Gerechtigkeit muss in der Gnade gegenwärtig sein, und Liebe im Gericht. So verhält es sich mit allen göttlichen Eigenschaften.

Die Treue Gottes

Für eine gesunde Theologie ist die Treue Gottes eine reine Tatsache, aber für den Gläubigen ist sie weit mehr. Zuerst wird sie vom Verstand erfasst und wird dann zur Nahrung für die Seele. Denn die Bibel lehrt nicht nur die Wahrheit, sie zeigt auch ihren Nutzen für die Menschheit. Die inspirierten Schreiber standen mitten im Leben und waren Menschen wie wir. Was sie über Gott erfuhren, wurde für sie zu einem Schwert, zu einem Schild, zu einem Hammer. Es wurde ihre Lebensmotivation, ihre Hoffnung und ihre zuversichtliche Erwartung. Aus den objektiven theologischen Fakten leiteten ihre Herzen unzählige, beglückende, persönliche Anwendungen ab! Die Psalmen sind voll von frohem Dank für die Treue Gottes. Das Neue Testament greift das Thema auf und preist die Treue Gottes, des Vaters, und seines Sohnes Jesu Christi, der vor Pontius Pilatus sein Zeugnis ablegte. In der Offenbarung sehen wir Christus, wie er auf einem weißen Pferd seinem Triumph entgegenreitet, und seine Namen sind Treue und Wahrhaftigkeit.

Auch das christliche Liedgut preist die Eigenschaften Gottes, und unter diesen die göttliche Treue. In unseren Liederbüchern werden sie zu einer Quelle, aus der Ströme fröhlicher Melodien entspringen. Hier und dort mag sich noch ein altes Gesangbuch finden, dessen Lieder keinen Titel tragen. Dafür deutet eine in Schrägschrift vorangesetzte Zeile das Thema an, und das von Anbetung erfüllte Herz kann sich über das, was es da findet, nur freuen: „Preis der herrlichen Vollkommenheit Gottes“, „Weisheit, Majestät und Güte“, „Allwissenheit“, „Allmacht und Unwandelbarkeit“, „Herrlichkeit, Barmherzigkeit und Gnade“ – das sind nur ein paar Beispiele, die einem 1849 in England herausgegebenen Gesangbuch entnommen sind. Doch jeder, der die christlichen Lieder kennt, weiß, dass die lange Reihe der geistlichen Lieder schon in der Frühzeit der Gemeinde Jesu ihren Anfang nahm. Von Anfang an weckte der Glaube an die Vollkommenheit Gottes in den Gläubigen frohe Zuversicht und lehrte sie zu allen Zeiten zu singen.

Die Treue Gottes ist unsere Hoffnung

Gottes Treue ist der tragende Grund unserer Hoffnung auf die zukünftige Glückseligkeit. Sein Bund und seine Verheißungen stehen und fallen mit seiner Treue. Nur wenn wir die völlige Gewissheit haben, dass er treu ist, können wir im Frieden leben und zuversichtlich dem zukünftigen Leben entgegenblicken.
Jeder von uns kann diese Wahrheit und alles, was sich daraus ergibt, für sich selbst und seine Bedürfnisse anwenden. Der Angefochtene, der Bekümmerte, der Furchtsame, der Niedergeschlagene – sie alle können neue Hoffnung und neuen Mut schöpfen in dem Wissen, dass unser Vater im Himmel treu ist. Er wird immer zu seinem Wort stehen. Die hart bedrängten Söhne des Bundes dürfen gewiss sein, dass er ihnen nie seine Barmherzigkeit entziehen und nie seine Treue brechen wird!

Glücklich der Mann, dessen Hoffnung sich auf den Gott Israels stützt;
Er schuf den Himmel und die Erde und die Meere mit Ihrem ganzen Gefolge;
Seine Wahrheit steht immer fest;
Er rettet die Unterdrückten, Er speiset die Armen,
Und keiner wird Seine Verheißung unerfüllt finden.
– Isaac Watts

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