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Der Auftrag des Predigers

Predigen wird oft nicht ernst genommen. Es gleicht entweder einer Motivationsrede oder es mangelt an Vorbereitung. Doch der biblische Prediger ist aus einem anderen Holz geschnitzt. Der Prediger predigt das Wort Gottes, kein anderes oder eigenes. Der Prediger ist allzeit bereit zu predigen. Der Prediger predigt eine Botschaft der Buße. Der Prediger deckt durch die Predigt Sünden auf. Der Prediger ermahnt und ermutigt durch die Predigt. Der Prediger predigt den verlorenen das Evangelium - trotz Bedrängnis. Der Prediger vollführt seinen Dienst. Bist du auch solch ein Prediger?
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Der Auftrag des Predigers
Lesezeit: 11 Minuten

Jede Wiederherstellung der biblischen Verkündigung erfordert eine Untersuchung des wohl wichtigsten Abschnitts zu diesem Thema, nämlich 2. Timotheus 4,1–5. Dieser Abschnitt ragt aus allen anderen Abschnitten als unabdingbare Voraussetzung für die Kanzel heraus und dient als Eckpfeiler für unser Verständnis der Auslegungspredigt.

Hier finden wir die letzten Worte, die der Apostel Paulus niederschrieb. Mit dieser letzten Botschaft wird die Fackel des Evangeliums vom betagten Apostel an Timotheus, seinen jungen Sohn im Glauben, weitergegeben. Paulus schreibt:

»Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christus Jesus, der richten wird Lebende und Tote, und bei seiner Erscheinung und seinem Reich: Predige das Wort, halte darauf zu gelegener und ungelegener Zeit; überführe, weise ernstlich zurecht, ermahne mit aller Langmut und Lehre. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht er tragen werden, sondern nach ihren eigenen Begierden sich selbst Lehrer aufhäufen werden, indem es ihnen in den Ohren kitzelt; und sie werden die Ohren von der Wahrheit abkehren, sich aber zu den Fabeln hinwenden. Du aber sei nüchtern in allem, leide Trübsal, tu das Werk eines Evangelisten, vollführe deinen Dienst.« (2Tim 4,1–5)

Predige das Wort

In 2. Timotheus 4,2–5 feuert Paulus in schneller Abfolge neun Befehlsverben ab. Der erste Befehl »Predige das Wort« stellt den zentralen Auftrag an Timotheus dar. »Predige«, das Verb kēryssō, drückt aus, dass man eine offizielle Ankündigung machen soll. Es bedeutet, dass man etwas bekannt macht, indem man es verkündigt. Es drückt auch aus, dass man etwas vor anderen öffentlich und freimütig verkündet.

Bei der Botschaft, die der Apostel Paulus Timotheus zu predigen aufträgt, handelt es sich um »das Wort«, die göttlich inspirierte Wahrheit, wie sie im Alten Testament aufgezeichnet ist, die Lehre Jesu Christi, wie sie den Aposteln anvertraut wurde, und die neutestamentlichen Bücher, die bis zu jenem Zeitpunkt geschrieben worden waren. Darüber hinaus würden dann schließlich noch die restlichen neutestamentlichen Bücher hinzukommen, die erst noch geschrieben werden mussten. Timotheus wird vom Apostel Paulus befohlen, dieses Wort zu predigen – und nichts anderes.

Die Quelle der Predigt – das Wort

Der bestimmte Artikel »das« weist auf die Exklusivität dieser Botschaft hin. Timotheus wird nicht beauftragt, ein Wort zu predigen, als ob das Wort Gottes eine von vielen Botschaften wäre, aus denen er auswählen könnte. Seine Botschaft sollte nicht aus der heidnischen Kultur oder aus der säkularen Gesellschaft stammen und auch nicht aus der Weisheit der weltlichen Philosophen. Stattdessen muss er das Wort erklären, das von Gott stammt. Die zu verkündigende Botschaft ist die, die »von Gott eingegeben« ist (2Tim 3,16) und aus dem Mund Gottes ausgehaucht wurde (Mt 4,4).

Timotheus – und jeder andere Prediger – darf ausschließlich das geschriebene Wort Gottes predigen. Wie der Theologe Walter Kaiser sagte:

»Jeder Prediger muss stets einen Finger in der Schrift haben und auf den Text deuten, den er predigt. Alles, was er sagt, muss sich aus diesem Schriftabschnitt ergeben«.

Das heißt, dass du ausschließlich das Wort predigen darfst, denn: Wenn die Bibel spricht, dann spricht Gott.

Auf den ersten Imperativ (»Predige das Wort«) folgen acht weitere Verben in der Befehlsform. Jeder der folgenden Befehle beschreibt die Art und Weise, in der das Wort Gottes gepredigt werden soll. Dabei handelt es sich nicht um verschiedene Auswahlmöglichkeiten, von denen er einige auswählen und andere verwerfen kann. Vielmehr muss Timotheus alle acht dieser Befehle befolgen. Gott ist es nicht egal, wie sein Wort gepredigt wird.

Sei stets bereit

Erstens ermahnt Paulus Timotheus: »halte darauf zu gelegener und ungelegener Zeit« (2Tim 4,2). Das Verb ephistēmi, das von der Elberfelder Bibel mit »halte darauf« bzw. »tritt dafür ein« oder »steh bereit« (s. Fußnotenalternativtext der ELB2003) übersetzt wird, bedeutet, bereit zu sein, eine Aufgabe zu erfüllen. Es bringt die Vorstellung zum Ausdruck, dass man seinen Sinn und seine Aufmerksamkeit auf etwas richtet. Dieses Wort vermittelt eine Bereitschaft und ein Empfinden für die Dringlichkeit beim Predigen. Ein Soldat muss immer bereit sein, sofort in den Kampf zu ziehen. Ein Wächter muss seinen Posten mit äußerster Wachsamkeit bewachen. In gleicher Weise muss auch Timotheus in seinem Dienst Wache halten. Er muss stets bereit sein, das Wort zu predigen.

Es gibt keine andere Zeit als »zu gelegener und ungelegener Zeit«. Timotheus muss bereit sein, zu predigen, wenn die Wahrheit angenehm ist und wenn sie unangenehm ist, wenn sie willkommen ist und wenn sie unerwünscht ist, wenn sie gut aufgenommen wird und wenn sie abgelehnt wird. Er muss das Wort predigen, ganz egal, ob er deswegen gelobt oder verfolgt wird.

Decke jede Sünde auf

Zweitens weist der Apostel Paulus Timotheus an, seine Zuhörer durch die Auslegung des Wortes zu »überführe[n]«. »Überführung« (elegmos) ist ein Ausdruck starker Missbilligung, des Tadels oder der Zurechtweisung. Das göttliche Wort ist die Messschnur, mit der jeder Glaube, jeder Gedanke, jede Handlung und jedes Wort gemessen wird. Dieser helle Scheinwerfer bringt jede Sünde ans Licht, die in der Dunkelheit begangen wird. Die Auslegungspredigt soll die Abscheulichkeit der Sünde als das entlarven, was sie wirklich ist: Kosmischer Hochverrat an der göttlichen Souveränität. Wenn du die Heilige Schrift predigst, muss sie das, was unheilig ist, im Leben deiner Zuhörer aufdecken.

So müssen beispielsweise auch Ärzte, denen die Gesundheit ihrer Patienten am Herzen liegt, die Krankheit ihrer Patienten diagnostizieren, wenn sie ihnen helfen möchten, gesund zu werden. In gleicher Weise müssen Prediger, die die Heiligkeit in ihren Zuhörern fördern möchten, jede Sünde in ihrem Leben aufdecken. Wenn sie zu moralischer Reinheit aufrufen, müssen sie jede Unreinheit ans Licht bringen. Das Wort Gottes ist wie ein scharfes »zweischneidiges Schwert« (Heb 4,12). Wenn es aus der Scheide gezogen und auf die rechte Weise gepredigt wird, dringt es in die Tiefen der Seele durch, bis zur Scheidung von »Seele und Geist«. Wo das messerscharfe Schwert der Schrift geführt wird, sorgt es dafür, dass das Herz »bloß und aufgedeckt« ist (Heb 4,13b) und dass die verborgene Sünde ans Licht gebracht wird.

Fordere zur Buße auf

Drittens verlangt Paulus von Timotheus, dass er in seiner Predigt »ernstlich zurechtweist«. »Zurechtweisen« (epitimaō) bedeutet, eine starke Missbilligung zum Ausdruck zu bringen. Es ist ein Weckruf, mit dem man seine Zuhörer auf die schmerzlichen Konsequenzen der Sünde aufmerksam macht, die sich aus falschen Entscheidungen ergeben. Eine Zurechtweisung ist eine drohende Warnung, die auf die unvermeidlichen Folgen von Übertretungen hinweist.

Eine Zurechtweisung muss mit dem Aufruf zur Buße einhergehen und die Menschen warnen, damit sie sich von der Sünde abwenden und eine neue Richtung in ihrem Leben einschlagen. Johannes der Täufer tat dies, als er ausrief:

»Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen« (Mt 3,2).

Du musst deine Zuhörer zu einem Sinnes- und Herzenswandel auffordern, der eine Willens- und Lebensveränderung nach sich zieht. Jesus predigte:

»Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen« (Mt 4,17).

Außerdem warnte Jesus:

»Nein, sage ich euch, sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen« (Lk 13,3).

Auch Petrus forderte dazu auf:

»Tut Buße, und jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden« (Apg 2,38a).

Petrus rief auch aus:

»So tut nun Buße und bekehrt euch« (Apg 3,19a).

Paulus verkündigte dieselbe Botschaft:

»[…] indem ich sowohl Juden als auch Griechen die Buße zu Gott und den Glauben an unseren Herrn Jesus [Christus] bezeugte« (Apg 20,21).

Wie man sieht, muss die Predigt einen eindringlichen Aufruf zur Buße enthalten. Sei treu darin, Zurechtweisung auszusprechen und zur Buße aufzufordern.

Ermahne die Zuhörer

Viertens schreibt Paulus, dass Timotheus in seiner Predigt »ermahne[n]« soll. Das hier verwendete Wort (parakaleō) bedeutet, jemanden an seine Seite zu rufen, um diese Person zu trösten oder ihr Rat zu erteilen. Es enthält einen Aufruf zum Handeln. Timotheus soll seine Zuhörer, nachdem er die Sünde aufgedeckt hat und sie zur Buße aufgefordert hat, ermahnen, die richtige Richtung einzuschlagen. Er soll sie ermutigen, die nötigen Schritte zu unternehmen, um dem Willen Gottes nachzujagen.

Genauso hatte Timotheus auch den Apostel Paulus predigen sehen. Timotheus begleitete Paulus auf seiner zweiten Missionsreise, als sie nach Thessalonich kamen. In seinem Brief erinnert Paulus die Thessalonicher an die Zeit, die sie mit ihnen verbracht hatten und daran, dass er sie so ermahnt hatte, »wie ein Vater seine eigenen Kinder« ermahnt,

»würdig des Gottes zu wandeln, der euch zu seinem eigenen Reich und seiner eigenen Herrlichkeit beruft« (1Thes 2,11–12).

Paulus beschrieb später seine eigene Verkündigung folgendermaßen:

»Den wir verkündigen, indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen lehren in aller Weisheit, damit wir jeden Menschen vollkommen in Christus darstellen« (Kol 1,28).

Wir müssen diese Art des Predigens nachahmen, zu der auch gehört, dass wir unsere Zuhörer ermahnen, auf die richtige Art und Weise zu handeln.

Die Haltung beim Ermahnen

Paulus sagt Timotheus auch, dass diese Ermahnung in »aller Langmut« erfolgen soll. Das Wort »Langmut« (makrothymai) bedeutet wörtlich, Provokationen ohne Klagen zu ertragen. Es kann auch mit »Ausdauer« oder »Ausharren« übersetzt werden. Timotheus wird sich vielen Herausforderungen gegenübersehen, die sich direkt aus seinem Predigtdienst ergeben werden. Trotz dieser Widrigkeiten muss er die schmerzlichen Anfechtungen des Dienstes ertragen und geduldig mit den Menschen sein, die seiner Predigt zuhören, selbst wenn sie seine Worte nicht umgehend befolgen oder sich ihnen sogar widersetzen.

Paulus‘ junger Schützling muss bei seiner Verkündigung sehr geduldig sein und darauf warten, dass die Menschen auf die Wahrheit reagieren. Seine Zuhörer werden zweifellos Zeit brauchen, um den Anspruch der von ihm dargelegten Wahrheiten sorgfältig zu prüfen. Manchen Aspekten aus seiner Predigt werden die Gemeindeglieder von Timotheus nur langsam nachkommen. Timotheus muss ihnen genügend Zeit geben, um das, was er lehrt, anzunehmen, und mit ihnen »duldsam« sein (2Tim 2,24). Inmitten des Widerstands gegen die Wahrheit muss der Knecht des Herrn mit Geduld ausharren.

Der Inhalt der Ermahnung

Wenn Timotheus überführt, zurechtweist und ermahnt, soll er dies mit »Lehre« (didachē) tun. Während er darauf wartet, dass seine Zuhörer auf das Gehörte reagieren, fährt er mit der gesunden Lehre fort. Er muss das, was er bereits gelehrt hat, noch einmal wiederholen und, wenn nötig, bekräftigen. Diese Anweisung bezieht sich auf die biblische Wahrheit und die Lehre der Apostel. Timotheus soll das, was er bereits gelehrt hat, immer wieder durch fortwährendes Lehren bekräftigen, insbesondere durch Lehre, welche die gelehrte Wahrheit weiter verdeutlicht.

Diese starke Betonung auf die Unterweisung in der Lehre sollte auch deinen Predigtdienst kennzeichnen. Jede Predigt muss Lehre enthalten, die den ganzen Ratschluss Gottes darlegt (Apg 20,27). Jeder Prediger muss ein theologischer Ausleger sein, der »den einmal den Heiligen überlieferten Glauben« lehrt (Jud 3). Wenn es keine Unterweisung in der Lehre gibt, fehlt der Predigt die sichere Grundlage.

Sei nüchtern

Das fünfte Gebot, das Paulus in Bezug auf das Predigen aus- spricht, ist:

»Sei nüchtern in allem« (2Tim 4,5).

Doch vor dieser Aufforderung stellt Paulus den Zusammenhang klar:

»Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden« (2Tim 4,3).

Paulus warnt Timotheus, dass es während seines Dienstes immer wieder Gruppen in der Gemeinde geben wird, die vom Glauben abfallen. Er hat bereits oft erlebt, wie sich bekennende Gläubige von seiner Lehre abgekehrt haben (Gal 1,6). Diese Gemeindeglieder, die nur dem Namen nach Christen waren, sind seiner Belehrungen überdrüssig worden. Mit der Zeit hat sich ihre Gleichgültig gegenüber der Wahrheit offenbart. Auch Timotheus wird sich in Zukunft solch heftigem Widerstand gegenübersehen.

Solch fleischlichen Gemeindegliedern »[kitzelt es] in den Ohren« (2Tim 4,3c). Sie werden unempfänglich für die lehrmäßige Unterweisung von Timotheus und können die Ermahnungen zu einem besonnenen Lebenswandel nicht mehr ertragen. Stattdessen werden sie sich nach einer Wohlfühlbotschaft sehnen, die sie in ihrem Egoismus bestärkt und ihnen das sagt, was sie hören wollen. Sie sind zu fleischlich gesinnt, um gesunde Lehre annehmen zu können. Er sollte angesichts dieser Trotzreaktion nicht naiv sein oder sich über ihre Forderungen wundern.

Der Prediger ist kein Schmeichler

Paulus warnt davor, dass sich diese Gemeindeglieder »nach ihren eigenen Begierden […] selbst Lehrer aufhäufen werden« (2Tim 4,3b). Sie werden verschiedene Prediger ausprobieren, bis sie einen gefunden haben, der ihren fleischlichen Gelüsten entspricht und ihnen das sagt, was sie hören wollen. Wenn Timotheus ihnen nicht entgegenkommt, werden sie sich seiner entledigen und sich einen neuen Prediger suchen. Paulus warnt ihn auch, dass eine Zeit kommen wird, in der die Menschen die Wahrheit, die er predigt und durch die ihre Sünde ans Licht gebracht wird, nicht hören wollen. Angesichts dieses Widerstands muss Timotheus sich weigern, ihren sündigen Begierden nachzugeben.

Paulus schreibt, diese Menschen, die sich selbst betrügen, »werden die Ohren von der Wahrheit abkehren, sich aber zu den Fabeln hinwenden« (2Tim 4,4). Der Ausdruck »abkehren« (apostrophē) wurde verwendet, um zu beschreiben, wie sich jemand ein Körperteil ausrenkt. Wenn das Wort gepredigt wird, werden sie ihr Ohr so von der Wahrheit abkehren, als ob sie sich dabei den Hals verrenken würden. Stattdessen werden sie sich für »Fabeln« (mythos) bzw. religiösen Aberglauben interessieren. Sie werden die Lügen des Teufels willkommen heißen, die ihr Selbstwertgefühl stärken, während sie gleichzeitig die Wahrheit ablehnen.

Der Prediger ist nüchtern

Was soll Timotheus tun, wenn die Menschen seine Predigt ablehnen? Sollte er seine Botschaft abschwächen? Ganz im Gegenteil! Der Apostel fordert ihn auf:

»Sei nüchtern in allem« (V. 5a).

»Nüchtern« (nēphō) zu sein bedeutet, ausgeglichen und selbstbeherrscht zu sein. Dieser Begriff bedeutet, frei von allen berauschenden weltlichen Einflüssen zu sein, die auf einen einwirken können. Timotheus darf ihren Forderungen, seine Botschaft zu ändern, nicht nachgeben. Er darf nicht in den Bann ihrer Begierden geraten. Noch darf er sich von ihrer Anbiederei täuschen lassen. Er muss vielmehr seine geistlichen Sinne schärfen.

Paulus selbst bewies diese Art der Nüchternheit, als er sich weigerte, dem Druck nachzugeben, jemand zu sein, der Menschen gefallen möchte:

»Denn suche ich jetzt Menschen zufrieden zu stellen oder Gott? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht« (Gal 1,10).

Kein Prediger kann sowohl Gott als auch der selbstsüchtigen Menschheit gefallen. Diese beiden Bestrebungen schließen sich gegenseitig aus. Er muss sich für das eine oder andere entscheiden. Paulus war entschlossen, Gott zu gefallen.

Paulus schreibt an anderer Stelle:

»Denn unsere Ermahnung war nicht aus Betrug noch aus Unreinheit, noch mit List; sondern so, wie wir von Gott als bewährt befunden worden sind, mit dem Evangelium betraut zu werden, so reden wir, nicht um Menschen zu gefallen, sondern Gott, der unsere Herzen prüft. Denn niemals sind wir mit schmeichelnder Rede aufgetreten, wie ihr wisst, noch mit einem Vorwand für Habsucht, Gott ist Zeuge.« (1Thes 2,3–5)

Paulus war nicht jemand, der die Leute auf gerissene Weise manipulierte. Auch Timotheus – oder irgendein anderer Mann Gottes – darf sich nicht dazu hinreißen lassen.

Ertrage alle Bedrängnisse

Paulus‘ sechste Aufforderung an Timotheus ist:

»Leide Trübsal« (2Tim 4,5b).

Im Urtext handelt es sich bei diesen beiden Wörtern um einen einzigen zusammengesetzten Begriff (kakopatheō), welcher bedeutet, dass man Unglück erleidet und Schwierigkeiten geduldig erträgt. Timotheus muss bereit sein, für die Verkündigung der Wahrheit einen hohen Preis zu zahlen. Wenn er die Schrift auslegt, wird er im Gewittersturm der eskalierenden Opposition zum Blitzableiter. Inmitten dieses Konflikts muss er die Entmutigung ertragen, die ihn dazu bringen könnte, das Predigen aufzugeben. Er muss in schwierigen Zeiten ausharren.

Indem er standhaft bleibt, wird sich Timotheus als wahrer Mann Gottes erweisen. Es ist leicht, in guten Zeiten zu predigen, wenn alle applaudieren. Aber der wahre Knecht des Herrn wird auch dann weiter predigen, wenn er Gegenwind erfährt (2Kor 11,23–30). Für Timotheus wird die Verkündigung des Wortes bedeuten, dass er trotz Ablehnung, Spott und Verfolgung darin ausharrt. Es kann für ihn sogar so wie für Paulus den Märtyrertod bedeuten (2Tim 4,6).

Bringe den Verlorenen das Evangelium

Siebtens gibt Paulus Timotheus für die Ausübung seines Predigtdiensts die Aufforderung mit:

»Tu das Werk eines Evangelisten« (2Tim 4,5c).

»Tun« (poieō) bedeutet in diesem Zusammenhang, eine Aufgabe zu erfüllen. Das »Werk« (ergon) verdeutlicht die erforderliche Mühe bei der Verkündigung der guten Nachricht von Jesus Christus. Evangelistisches Predigen erfordert große Anstrengung, da man mit Seelen ringt, um die Verlorenen für Christus zu gewinnen. Das Werk eines »Evangelisten« (euangelistēs) besteht darin, den Unbekehrten das Evangelium zu predigen, angefangen mit denen in der Gemeinde.

Wenn es darum geht, zu evangelisieren, muss Timotheus mit seiner eigenen Gemeinde beginnen. Es gehört zu seiner Pflicht als Hirte, Männer und Frauen zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus Christus aufzurufen. Das ist das Herzstück seiner Berufung zur Verkündigung des Wortes. Timotheus muss stets das Evangelium von Jesus Christus verkündigen und zu einer entschiedenen Hingabe an ihn aufrufen. Auch wenn das Evangelium nicht in jeder Bibelstelle vorkommt, können alle Verse zum Kreuz führen. Aus diesem Grund muss Timotheus immer über die Person und das Werk Jesu Christi und die Bedingungen für die Nachfolge Jesu predigen.

Jesus Aufruf zur Evangelisation

Jesus hat seine Jünger dazu berufen, evangelistisch zu predigen. Als Jesus sie berief, sagte er:

»Kommt, folgt mir nach, und ich werde euch zu Menschenfischern machen« (Mt 4,19).

Sie sollen nicht nur das Netz des Evangeliums in das Meer einer verlorenen Menschheit auswerfen, sondern sie sollen es auch wieder einholen und die Ertrinkenden durch eindringliche Evangeliumsaufrufe ins Boot holen. Petrus hat an Pfingsten solch eine seelengewinnende Predigt gehalten. Der Apostel verkündigte den Tod, die Auferstehung und die Thronbesteigung des Herrn Jesus Christus (Apg 2,22–36) und forderte dann die Menge auf, »Buße« zu tun (Apg 2,38).

»Mit vielen anderen Worten beschwor und ermahnte er sie, indem er sagte: Lasst euch retten […]« (Apg 2,40).

In der Folge wurden dreitausend Seelen gerettet (Apg 2,41).

Bemühe dich in deinem Predigtdienst darum, deinen Zuhörern das Evangelium zu bringen. Du musst hart darum kämpfen, sie für Christus zu gewinnen. Es wird stets Unkraut geben, das unter den Weizen gesät wurde. Unter den wahren Bekennern wird es immer solche geben, die nur ein leeres Lippenbekenntnis ablegen. Zugegeben, es ist harte Arbeit, selbstbetrügerischen Menschen die Heilsbotschaft zu verkünden. Sie sind zwar religiös, aber dennoch verloren. Wenn du das Wort predigst, solltest du dich voll und ganz für die Bekehrung von Menschenseelen einsetzen.

Vollführe deinen Dienst

Schließlich fordert Paulus Timotheus im Hinblick auf seinen Predigtdienst auf:

»Vollführe deinen Dienst« (2Tim 4,5d).

Das Verb »vollführen« (plērophoreō) drückt im Grunde aus, dass eine Aufgabe zu Ende gebracht wird. Es bedeutet, dass man einen Auftrag bis zum Ende ausführt. Timotheus muss die ganze Wahrheit verkündigen, die Gott ihm anvertraut hat. Das erfordert, dass er das Wort Gottes in seiner Verkündigung umfassend darlegt.

Dieser Auftrag fordert von Timotheus Freimütigkeit. Timotheus muss über alles, was Gott in seinem Wort sagt, offen sprechen. Paulus schreibt:

»Sondern nachdem wir in Philippi zuvor gelitten hatten und misshandelt worden waren, wie ihr wisst, waren wir freimütig in unserem Gott, das Evangelium Gottes zu euch zu reden unter großem Kampf« (1Thes 2,2).

Eine solche Verfolgung brachte Paulus nicht dazu, seine Worte abzuschwächen. Timotheus soll genauso freimütig sein, selbst dann, wenn er erbitterten Widerstand erleben sollte.

Dasselbe muss auch auf dich zutreffen. Schrecke nicht davor zurück, die ganze Wahrheit zu predigen. Wie Timotheus solltest auch du nichts ungesagt lassen. Jede Wahrheit muss gelehrt, jede Verheißung ausgesprochen, jede harte Rede verkündet, jede Sünde aufgedeckt und jede Uneinigkeit angesprochen werden. Solange Gott dir Atem schenkt, musst du »den ganzen Ratschluss Gottes« predigen (Apg 20,27).

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Buch „Der Prediger“ von Steven J. Lawson (Kapitel 2).

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